Zwischen Wohnungsnot und Flächenfraß:Gemeinden auf Zukunftssuche

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Wie begegnet man dem Siedlungsdruck? Diese Frage stellt sich nicht nur in Geretsried, der größten Stadt des Landkreises. (Foto: Manfred Neubauer)

Ausgehend von Steckbriefen will der Planungsverband nun ein Siedlungskonzept erstellen. Ziel ist eine "Region der kurzen Wege".

Von Petra Schneider, Bad Tölz

Wie soll der Siedlungsdruck auf die Region Oberland sinnvoll verteilt werden? Wo sehen die Kommunen der Landkreise Bad Tölz - Wolfratshausen, Miesbach, Garmisch-Partenkirchen und Weilheim-Schongau Hauptorte, die sie entwickeln wollen? Um diese Fragen zu klären, wurde im vergangenen Jahr vom Planungsverband der Region 17 eine Befragung unter den 94 Kommunen durchgeführt, an der sich 88 beteiligt haben. Einwohnerzahlen, statistische Daten, ÖPNV-Anbindung, die mögliche Entwicklung aus Sicht der Kommune und des Planungsverbands - anhand verschiedener Aspekte wurden Steckbriefe erstellt. Auf Basis dieses "Stimmungsbilds" soll nun ein Siedlungskonzept entwickelt werden. Das Ziel: Eine Region der kurzen Wege.

Wie die Regionsbeauftragte Cornelia Drexl kürzlich im Planungsausschuss erklärte, bedeute dies vor allem, die Verkehrsbelastung zu verringern und die Region "fit für den demografischen Wandel zu machen". Eine Anbindung an den ÖPNV sei deshalb aus Sicht des Planungsverbands eine wichtige Voraussetzung für die Festlegung von Hauptorten.

Landrat Josef Niedermaier (FW), der Vorsitzende des Planungsverbands ist, sieht "gesellschaftlichen Diskussionsbedarf" bei einem Dilemma, das in der Region virulent ist: Adäquaten Wohnraum zu schaffen und gleichzeitig möglichst wenig Flächen zu versiegeln. Wohnraum in der Region sei knapp und teuer, entsprechend laute die Forderung: "Bauen, bauen, bauen". Dem stehe die Verpflichtung zum Flächensparen gegenüber. Für die Kommunen bedeute dieser Spagat eine Herausforderung, "in der aber auch riesige Chancen stecken", sagte Niedermaier.

Der Wohnraumbedarf pro Kopf sei in den vergangenen Jahren von 23 auf 50 Quadratmeter gestiegen - Tendenz steigend. Dabei gebe es "extrem viel leer stehende Wohnungen". So habe der Landkreis Bad Tölz - Wolfratshausen 1000 Geflüchtete in vorhandenen Wohnungen unterbringen können.

Was aber knapp ist, sind Grundstücke, vor allem im Raum München, das hat die Befragung gezeigt. Auch in Weyarn, wie Bürgermeister Leonhard Wöhr im Ausschuss erklärte. Man habe deshalb in seiner Gemeinde ein Grundstückskataster erstellt und bei den Eigentümern angefragt, welche Pläne sie mit ihren Flächen haben und ob sie diese eventuell an die Gemeinde verkaufen würden. Das Ergebnis sei eindeutig und ernüchternd gewesen: 100 Prozent hätten angegeben, ihr Grundstück in absehbarer Zeit weder bebauen noch an die Gemeinde verkaufen zu wollen.

Die Konsequenz für die Kommunen: Sie müssten die Innenentwicklung stärken, sagte Drexl. Bei der Siedlungsentwicklung gelte es auch, "Spannungsverhältnisse" zwischen Stadt und Land zu berücksichtigen und darauf zu achten, dass der ländliche Raum "nicht abgehängt" und gleichwertige Lebensverhältnisse hergestellt würden. Auch dürfe es nicht sein, dass "Nebenorte" an Attraktivität verlören. Bei der Befragung hätten 45 Prozent angegeben, dass sie in ihrer Kommune einen Hauptort sehen, 21 Prozent nannten zwei bis drei. Die Übereinstimmung mit der Einschätzung der Regionsbeauftragten liege bei 59 Prozent.

Dennoch gebe es auch Kritik am Regionalplan: So fürchten einige Kommunen um ihre Planungshoheit und wollen ihre Handlungsspielräume nicht eingeschränkt sehen. Sie wehren sich gegen regionale Vorgaben, weil sie die Bedürfnisse in ihren Gemeinden besser einschätzen könnten. Fehlende Steuereinnahmen erschwerten die Aufrechterhaltung der Infrastruktur, außerdem wurde die Flächenknappheit beklagt. Der Kochler Bürgermeister Thomas Holz verwies auf die Planungshoheit der Kommunen: Auch wenn der Regionalplan eine ÖPNV-Anbindung als wesentlichen Aspekt für Hauptorte sieht, könne ein Gemeinderat doch entscheiden, eine Siedlung zu entwickeln, "auch wenn noch kein Bus hinfährt", sagte Holz. Das könne sich ja ändern. Denn: "Kommunen brauchen Handlungsspielräume."

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