"On Stage":Glückshormone statt falscher Werte

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Theaterprobe im Tölzer Jugendcafé: Unter der Leitung der Theaterpädagogin Verena Peck studierten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit Januar mit viel Leidenschaft das Stück ein. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Tölzer Theaterprojekt feiert mit seinem Stück "Romeo & Jasmin - Mord an der Ehre" an diesem Mittwoch Premiere. Jugendliche und junge Berufstätige wollen mit der Aufführung kulturelle Gräben überwinden

Von Thomas Kubina, Bad Tölz

Es herrscht eine lebendige Stimmung bei der Theaterprobe im Tölzer Jugendcafé. Das warme Scheinwerferlicht untermalt die ohnehin schon erröteten Gesichter der Schauspieler, die auf der Bühne eine hitzige Szene proben: Romeo wird von Hassan mit einer Waffe bedroht, da er wissen möchte, wo sich Jasmin befindet, in die sich Romeo verliebt hat. Nichtsahnend ist Romeo der Bedrohung durch Hassan ausgeliefert. Jasmin hingegen gelingt die Flucht, um einem "Ehrenmord" ihrer Gruppe zu entkommen. In dem Theaterstück "Romeo & Jasmin - Mord an der Ehre" stehen sich nämlich die "Sharks" und die "Jets" gegenüber, zwei Gruppen, die aufgrund unterschiedlicher Traditionen, Verhaltensregeln und Vorurteile miteinander im Konflikt sind. Vor allem dann, wenn Liebe zwischen den Protagonisten aufkeimt und die Kulturgräben zu überwinden versucht. Die dramatische Situation kann in der geprobten "Schulszene" noch rechtzeitig vereitelt werden, doch mehr wird vorab nicht verraten.

Auch wenn bei den Proben viel Gelächter ausbricht, weil der Text nicht sitzt oder die Szene aus dem Ruder läuft, hat das Theaterstück einen ernsten Hintergrund. Im Jahr 2008 erstach der Deutsch-Afghane Ahmad-Sobair O. seine sechzehnjährige Schwester Morsal, die sich aus dem patriarchalischen Familiengefüge loslösen wollte. Als Reaktion darauf entstand das Theaterstück an einer Gesamtschule in Hamburg-Bergedorf und nahm sich dem konfliktreichen Thema auf künstlerische Weise an.

Auch das Tölzer Theaterprojekt "On Stage" möchte dieses Stück bei der Premiere an diesem Mittwoch unter dem Motto "Zusammenhalt fördern - Integration stärken" aufführen. Es seien integrative Mittel, die dieses Stück in sich berge, sagt Rita Knollmann, Leiterin des Mehrgenerationenhauses (MGH), das das Projekt finanziell unterstützt. Neben dem MGH machen auch das Tölzer Jugendcafé sowie das Bayrische Ministerium für Familie, Arbeit und Soziales das Projekt möglich.

Das 13-köpfige Ensemble ist bunt gemischt: Unter den 14- bis 35-Jährigen befinden sich Schüler und Berufstätige, die überwiegend aus dem Landkreis kommen. Eine aus Syrien stammende Schülerin ist ebenso vertreten. Seit Januar wird jede Woche geprobt, doch bereits im Oktober letzten Jahres setzte sich die Gruppe zusammen und nutzte die Zeit fürs Kennenlernen. Verena Peck, Regisseurin und Theaterpädagogin, sowie Veronika Dräxl, Projektleiterin, führten die Proben aus. "Das Gute daran ist, dass das Stück für Jugendliche geschrieben ist", sagt Peck. Doch die Sprache treffe inzwischen nicht immer ganz den Zeitgeist: "'Ganz ruhig' sagt keiner mehr, eher 'reg dich ab'", erklärt einer der Schüler. Deshalb änderte das Theaterteam einige Passagen der Originalfassung ab. Mit viel Leidenschaft und Engagement begleitet Peck das Projekt seit dem Beginn, auch wenn nicht immer alle Ensemblemitglieder zu den Proben kommen konnten, weil sie zu weit entfernt wohnen würden. Trotzdem sehe sie die persönlichen, positiven Entwicklungen der Jugendlichen durch das Projekt. Für die Premiere macht sie den jugendlichen Bühnenkünstlern Mut und scherzt: "Das Gefühl von Blamage ist wichtig, es schüttet Glückshormone aus."

Premiere: Mittwoch, 2. Mai, 19 Uhr; weitere Aufführungen Donnerstag und Freitag, 3. und 4. Mai, jeweils 19 Uhr, Tölzer Jugendcafé. Karten zu 8 Euro (Erwachsene) und 4 Euro (Jugendliche) im Jugendcafé und in der Buchhandlung Winzerer.

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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