Ökologische Initiative:Glückliche Kühe statt schwarzer Schafe

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Frohes Fleckvieh: Das Forum Agrarwende setzt sich für bessere Landwirtschaft ein. Nicht alle sind mit dem Namen einverstanden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Das "Forum Agrarwende" will mit Erzeugern, Verbrauchern und Verbänden neue Strukturen in der Landwirtschaft schaffen

Von Thekla Krausseneck, Bad Tölz

Was tun, wenn die Zustände auf dem Markt unerträglich werden, sich aber nichts ändert? Am besten wird man selbst aktiv. Ein "Agrarwende-Forum" ergreift im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen die Initiative: In nächster Zeit sollen in Zusammenarbeit mit regionalen Erzeugern, Verbänden und Verbrauchern neue Strukturen geschaffen werden. Wie genau die aussehen könnten, ist noch nicht festgelegt. Initiator Heiner Schwab hat den ungefähren Plan am Montagabend im "Gasthaus" in Bad Tölz zur Diskussion gestellt.

Schwab gehört dem Verein "Zivilcourage gegen Agro-Gentechnik" an, der sich in Starnberg und Bad Tölz-Wolfratshausen seit 2010 gegen die sogenannte Grüne Gentechnik engagiert, also den Einsatz von Gentechnik im Pflanzenbereich. "Wir wollen eine Landwirtschaft, die unsere Bauern nicht in die Abhängigkeit internationaler Großkonzerne treibt. Nur so kann die Erhaltung unserer bäuerlichen Kulturlandschaft gewährleistet werden", schreibt der Verein auf seiner Internetseite.

Um genau dieser wachsenden Abhängigkeit entgegen zu wirken - und weil nach Ansicht der "Zivilcourage" ein baldiger politischer Wandel nicht zu erwarten ist - sollen die Konsumenten, Verbände, Initiativen und Erzeuger jetzt selbst tätig werden. Das Agrarwende-Forum will ihnen einen monatlichen runden Tisch bieten. 35 Gäste kamen der Einladung zur Gründungsveranstaltung nach, Klein- und Biobauern genauso wie Verbraucher.

Die "Zivilcourage" plant eine Liste, die über eine App oder im Internet einsehbar sein soll. Auf dieser Liste sollen regionale Erzeuger mit ihren Produkten abrufbar sein - nicht jedoch ausnahmslos alle, die es im Landkreis gibt. "Wir schauen uns den Betrieb genau an", sagte Schwab. Jeder Hof, der mit auf die Liste will, soll einzeln überprüft werden. Ein Bio-Zertifikat sei kein Muss, ein gewisser Qualitätsstandard jedoch schon. Wie geht es den Tieren? Welche Pestizide kommen auf dem Feld zum Einsatz? "Schwarze Schafe erkennt man am besten, indem man den Kontakt herstellt", sagt Schwab.

Ein Bauer kritisierte den Namen des Forums: "Ich hab mit dem Begriff Agrarwende ein Problem. Wohin geht die Wende?" Denn der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen sei an sich schon gut aufgestellt: Der Anteil der verwendeten Spritz- und Düngemittel sei gering, die Landwirtschaft nicht intensiv, zehn Prozent aller Erzeuger seien Bio-Betriebe. Viele verzichteten freiwillig auf mineralische Dünger. Scharfe Kritik übte er an den Verbrauchern, die bei jeder Gelegenheit die Bauern angriffen, selbst wenn etwa für tote Fische nicht die Gülle, sondern die Giftstoffe von den Straßen verantwortlich seien, die durch den Regen ins Grundwasser gelangten. Ein Bio-Heumilchbauer, der vor drei Jahren umgestiegen ist, klagte über Kunden, die plötzlich nicht mehr kämen, weil sie das Geld lieber in den Urlaub oder einen neuen Fernseher investierten.

Möglich wäre, das Angebot der Direktvermarkter über ein Verbundsystem zentral, also etwa in Hof- und Dorfläden, zu sammeln. Ein entsprechendes Konzept hatte Franz Holzmann mitgebracht, der als Inhaber des Hofguts Letten mit dem Vertrieb der "Ökokiste" in der Direktvermarktung versiert ist. Grundlage seines Konzepts ist ein Verbund-System, durch das eine direkte Verbindung zwischen Verbraucher und Erzeuger entsteht - mit nur einer Handelsstufe und ohne Preisdiktat. Der Verbund übernimmt die Organisation und Lieferung der Lebensmittel, die kurzen Wege sollen sich positiv auf den Preis auswirken. Die Qualität der Ware wird vertraglich festgelegt und entweder stück- oder hektarweise vergütet - letzteres sei vor allem ein solidarischer Lohn, "gleicher Preis, egal ob witterungsbedingt mehr oder weniger auf dem Feld steht". Eine hohe Anzahl an Mitgliedern soll dem System Stabilität geben, schreibt Holzmann weiter. Seine Intention sei, zu zeigen, das Gemeinschaftsarbeit erfolgreicher sein könne als reiner Konkurrenzkampf."Das ist eine Richtung, in die das Ganze gehen könnte", sagt Schwab.

Diskutieren kann man darüber beim nächsten Forum der Agrarwende am Donnerstag, 26. April, im Tölzer Gasthaus Alte Schießstätte.

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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