Notdurft:Ab hinter die Hecke

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Tölzer Stadträte verzetteln sich in einer Diskussion um ein neues Toilettenhäuschen in der Nähe des Schlossplatzes. Um Besucher nicht zu verschrecken, soll es einen Sichtschutz erhalten

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

In Bad Tölz sollen sich die Gäste wohlfühlen - das gilt auch für jenes Örtchen, das selbst der Bundespräsident ohne Bodyguards aufsucht. Schon im vergangenen Jahr hatte der Stadtrat deshalb die beachtliche Summe von knapp 240 000 Euro für ein neues WC-Haus im Bürgergarten gebilligt. Dort gibt es zwar eine alte Toilettenanlage neben dem kleinen Torbogen, der sich zur Fußgängerbrücke in Richtung Marktstraße öffnet. Aber wer dieses Klo benutzen möchte, "muss schon Sinn für Humor haben", wie Bauamtsleiter Christian Fürstberger sagt. Im städtischen Bauausschuss ging es kürzlich nur mehr darum, wo genau der ebenso moderne wie teure Luxus-Abort gebaut werden soll.

Das ist eine heikle Frage, die für die Stadträte nicht so leicht zu beantworten war und ihre Sitzung - in der Jahnschule - um einiges in die Länge zog. Und das, obwohl das Bauamt darauf verzichtet hatte, die Herren und Damen Mandatsträger zu einem Ortstermin in den Bürgergarten zu bitten, um ihnen dortselbst den Neubau "mit Stützen und Trennwänden zu simulieren", wie Fürstberger im Scherz mitteilte. Ganz im Ernst legte er den Räten drei Varianten für das neue WC vor, das drei Kabinen für Herren, Damen und behinderte Menschen hat, zur Hälfte aber aus einem Technikraum für die Selbstreinigung der Toilettenschüsseln besteht.

Variante eins: Das Häuschen entsteht an der Mauer zum Rathaus hin, wo sich derzeit der Kassenautomat für den Schlossplatz-Parkplatz befindet, der dann an die Nordseite des Neubaus kommen würde. Die Stadtverwaltung favorisierte diese Option, die meisten Stadträte hingegen nicht.Wenn der Fußweg durch den Bürgergarten direkt an den WC-Türen vorbeiführen würde, fänden sie den Anblick für Passanten nicht sonderlich appetitlich. Variante zwei: Die Mauer wird abgerissen, das WC-Haus nach hinten gerückt, vor ihm eine Hecke als Sichtschutz zu den Türen gepflanzt. Das Parkautomat wird auch in diesem Fall an die Nordseite verlegt. Variante drei: Sieht aus wie Nummer zwei, nur kommt der Kassenautomat etwas abgerückt auf die Südseite. Als Nummer vier wäre auch noch ein Bau auf dem Schlossplatz-Parkplatz möglich gewesen, wovon die Stadtverwaltung jedoch absah, weil dadurch vier Stellflächen weggefallen wären.

Eine vierte Variante gab es dann allerdings doch. Andrea Grundhuber (Grüne) schlug vor, die Eingänge zum neuen WC gleich auf der Südseite einzuplanen, erhob sich von ihrem Platz und turnte ihren Ratskollegen im Klassenzimmer der Jahnschule Schritt um Schritt vor, wie sie sich das vorstellt. Bauamtsleiter Fürstberger vermochte dieser Nummer allerdings wenig abzugewinnen, da der Neubau dann wegen des großen Technikraums um 90 Grad gedreht werden müsste.

Die Stadträte sprachen sich mehrheitlich für Variante zwei aus. Eine Hecke vor den Eingängen fand Christoph Botzenhart (CSU) "wesentlich passender" als das Häusel direkt am Weg. Er regte an, auch den Zugang zum Technikraum auf die Nordseite neben den Kassenautomaten zu legen anstatt auf die Südseite. Sonst habe man dort "ein Dreckloch", sagte er. Für Andreas Wiedemann (FWG) wäre es ebenfalls "kein gutes Bild", wenn sich die WC-Türen direkt auf den Fußweg öffneten, eine andere Lösung wäre "auch für die Toilettenbesucher besser", sagte er.

Jürgen Renner (SPD) gab dagegen zu verstehen, dass er generell "ein Problem mit so Hecken und Nutzecken" habe. Irgendwann reichte es Franz Mayer-Schwender (Grüne) bei allem Sinn für Humor mit der Debatte: "Variante vier oder fünf oder zwei a oder zwei b - wir verzetteln uns." Schließlich wurde Bauamtschef Fürstberger damit beauftragt, sich auf Basis der Varianten zwei und drei nochmals mit Details wie der Lage des Parkautomaten und der Tür zum Technikraum zu befassen. Mit der Bitte nach einem Ortstermin fürs Örtchen verschonten ihn die Stadträte.

© SZ vom 26.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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