Noche Flamenca:Spanisches Beben im Hollerhaus

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Drei weltbekannte Künstler bieten in der Irschenhauser Galerie von Lia Schneider-Stöckl authentischen Flamenco-Tanz mit Musik und Gesang dar - und für eine Nacht steht das Publikum ganz unter dem Zauber Andalusiens

Von Laura Geigenberger, Icking

Als magisch empfand Montserrat Suárez nach ihrem Auftritt die Stimmung im Hollerhaus. Auch ihre "spanischen Jungs" seien ganz fasziniert gewesen von dem alten Bauernhaus, in dessen Räumlichkeiten am Samstag ein wahres Feuerwerk des Flamencos stattfand - inklusive Begeisterungsstürmen, die den drei Künstlern aus dem Publikum entgegenschlugen.

Flamenco sei eben mehr als nur eine Mischung aus Tanz und Musik, sagte auch die Organisatorin, Lia Schneider-Stöckl, in ihrer Begrüßungsrede. Es sei "eine Form des Ausdrucks, ein Lebensgefühl". Dessen Ursprung geht auf Klagegesänge von indienstämmigen Roma-Völkern zurück: Diese brachten so ihr Leid zum Ausdruck, welches sie in Andalusien in einer Zeit der Verfolgung, Unterdrückung und Armut erlitten. Flamenco ist eine Stimme des Schmerzes, der Liebe und der Sehnsucht und fasziniert und bewegt so seit dem 19. Jahrhundert die Menschen. Heute ist es als Bestandteil der spanischen Kultur nicht mehr wegzudenken und auch weltweit so populär, dass er im November 2010 von der Unesco zum immateriellen Weltkulturerbe der Menschheit erklärt wurde. Seither feiern Andalusier den Flamenco in diesem Monat besonders - und nun eben auch das Publikum im Hollerhaus mit einer eigenen, Irschenhauser "Noche Flamenca".

Mit seinen eingeschränkten Platzverhältnissen bot das voll besetzte Hollerhaus dafür den idealen Schauplatz; auch traditionelle Flamenco-Aufführungen finden in kleinsten Kreisen oder in Hinterzimmern von Kneipen statt. Mit der Tänzerin Montserrat Suárez, dem Tänzer und Sänger Mawi de Cádiz sowie dem Gitarristen Fran de Fran kamen an diesem Gastspielwochenende zudem drei waschechte Weltstars nach Icking. Den Zuschauern bot sich somit authentischster "Flamenco zum Anfassen", das Erlebnis von Virtuosität, Exklusivität, Temperament und Leidenschaft inklusive.

Andalusisches Temperament: In einem feuerroten Kleid, das dunkle Haar zurückgebunden, fegte Montserrat Suárez über die Tanzfläche, begleitet von Tänzer und Sänger Mawi de Cádiz. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Zu Beginn bahnten sich die Künstler ihren Weg durch die sitzenden Menschen. Ihre Bühne: auf dem Boden ausgelegte Holzplatten, so nah vor den Zuschauern, dass diesen sogar das Parfüm der Akteure in die Nase stieg. Schneider-Stöckl hatte bereits in ihrer Ankündigung die Erwartungen hochgesetzt. Von Suárez etwa sprach sie als "Traum von Tänzerin mit den zweitschnellsten Füßen der Welt". Tatsächlich zog die zierliche Münchnerin das Publikum von dem Moment, in dem sie den Raum betrat, in ihren Bann. In einem feuerroten Kleid, das dunkle Haar zurückgebunden, fegte sie über die Tanzfläche, dass die Fransen flogen, die Röcke gerafft, um die Sicht auf ihren rasanten Zapateado, den rhythmischen Step ihrer Füße, freizugeben. Bekannt ist sie auch unter dem Beinamen "Terremoto", zu Deutsch "Erdbeben", den ihr das Tempo, in dem sie ihre Schritte zu vollführen vermag, eingebracht hat. Auf jedes ihrer donnernden Soli folgte lang anhaltender, tosender Applaus.

Begeisterte "Olé"-Rufe schallten auch für ihren Partner, Mawi de Cádiz, aus dem Publikum. Durch den leicht heiseren Klang der Stimme, mit denen der kleine Spanier die äußerst schwierigen Gesangsstücke vortrug, sowie dessen nicht minder beeindruckende Tanzeinlagen, schien es zuweilen, als wehte eine Brise andalusische Luft durch das Hollerhaus. Auch de Cádiz selbst fühlte sich offenbar wie zu Hause - er unterhielt gelegentlich das Publikum mit kleinen Scherzen zwischen den Stücken und erntete so herzliches Gelächter.

Der Gitarrist Fran de Fran (links), der Tänzer und Sänger Mawi de Cádiz und Tänzerin Montserrat Suárez (rechts) sind mit ihrer Kunst weltbekannt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Mit seiner musikalischen Begleitung begeisterte "guitarrista" Fran de Fran, dessen leidenschaftliches Spiel die Füße der Zuschauer zum Wippen brachte. Auch er schien ganz in den Bann des Flamencos gezogen, den Blick fest auf die Tänzer gerichtet, während seine Finger auf dem Griff- und Schlagbrett einen eigenen Tanz aufführten. Tolle "Noche", tolles Trio - dafür dankte auch das gesamte Hollerhaus mit einem letzten, lauten "Olé!"

© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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