Neues Wohnkonzept:Lebendiger und sozialer

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Die Ickinger SPD legt ein Konzept vor, wie in der Isartalkommune, in der sich viele Vermögende angesiedelt haben, erschwinglicher Mietwohnungsbau voran getrieben werden kann.

Von Wolfgang Schäl, Icking

Noch bewegt sich die Ickinger SPD mit ihrem Anliegen im visionären Bereich, doch möglichst bald soll sich einiges ändern in der wohlhabenden Isartalgemeinde: Der Ortsverein hat sich vorgenommen, in Kooperation mit der rot-grünen Rathaus-Fraktionsgemeinschaft Konzepte zum Bau erschwinglicher Mietwohnungen zu schaffen und für ein lebendigeres, soziales Klima zwischen all den hohen Hecken zu sorgen, mit denen sich die betuchten Villenbesitzer vom Rest der Gemeinde abgrenzen. Wie dieser Plan obendrein möglichst umweltverträglich umgesetzt werden könnte, erläuterten am Montag die beiden SPD-Ortsvorsitzenden Julian Chucholowski und Beatrice Wagner sowie der Ehrenvorsitzende Gerhard Jakobi in Irschenhausen.

Der Katalog von Vorschlägen soll in der Aprilsitzung des Gemeinderats diskutiert werden. Konkret geht es dabei zunächst darum, zu prüfen, ob ein Grundstück in Dorfen, direkt neben der Kirche, sich für den Bau eines Mehrfamilienhauses eignen würde, sofern die Feuerwehr an den Standort der ehemals geplanten Flüchtlingsunterkunft umziehen könnte.

Im Zentrum der SPD-Initiative steht das Stichwort "sozialverträgliche Bodennutzung", wie sie schon im Jahr 1967 in einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts festgeschrieben wurde. Es verweist darauf, dass Baugrund "unvermehrbar und unentbehrlich" sei und seine Nutzung deshalb nicht dem freien Spiel der Kräfte und dem Belieben des Einzelnen überlassen werden dürfe. Aus dem Grundgesetzgedanken, dass Boden eine endliche Ressource ist, die gerecht verteilt werden muss, leitet die Ickinger SPD die Forderung ab, "dass die Menschen, die hier arbeiten, auch die Möglichkeit haben müssen, hier zu wohnen". Auf deren Bedürfnisse müsse eingegangen werden. Ebenso unantastbar ist aus Sicht der Orts-SPD aber auch der Wert der Natur, woraus sich die kompakte Formel ergibt: "In die Erstellung von neuen Wohn- und Baukonzepten müssen wir das Soziale, die Allgemeinheit und die Natur einbeziehen".

Weil die Gemeinde selbst praktisch keinen erschwinglichen Wohnraum zur Verfügung stellen kann, soll aus Sicht der SPD verstärkt auf baulichen Altbestand zurückgegriffen werden. Denn viele geräumige Häuser würden von Einzelpersonen genutzt, von Witwen und Witwern beispielsweise, denen nach dem Auszug der Kinder die eigene Behausung viel zu groß geworden sei, die sich aber scheuten, einen fremden Mitbewohner aufzunehmen. Sie könnten, so die Idee der Ickinger Genossen, durch entsprechende Umbaumaßnahmen einen Teil ihrer Immobilie abtreten und trotzdem einen eigenen, abgetrennten Wohnbereich in passender Größe behalten - "davon würden alle Seiten profitieren, es wäre eine Win-win-Situation", wie die stellvertretende Vorsitzende Beatrice Wagner findet. Erleichtern könnte man nach ihrem Dafürhalten ein solches Prozedere, indem man für diese Personen Beratungssprechstunden mit Architekten anbiete, die konkrete Umbau-Lösungen für die jeweilige Wohnsituation vorschlagen. Für solche Beratungen müsse "die Hemmschwelle niedrig angesetzt werden".

Als weiteren Schritt schlägt die SPD vor, neue Wohnquartiere in Kooperation mit Baugenossenschaften zu entwickeln. Dafür wiederum bedürfe es einer gründlichen baulichen Bestandsaufnahme.

Eine zusätzliche Maßnahme, die der SPD vorschwebt: Eine bauliche Nachverdichtung auf geeigneten Grundstücken, für die dann gegebenenfalls auch Bebauungspläne geändert oder ganz neu aufgestellt werden müssten. Im Fall des Falles müssten auch die Mindestabmessungen für solche Bauprojekte von der Gemeinde festgesetzt werden. Ein Beitrag zur Linderung der Wohnungsnot wäre Jakobi zufolge die Entwicklung von Bauleitplänen, die nach dem vorliegenden, diesbezüglich noch lückenhaften Flächennutzungsplan möglich wären, und, ja: Auch über "die heilige Kuh Gebäudehöhen" müsse nachgedacht werden.

Bei alledem, darüber sind sich die Vorstandsmitglieder einig, gehe es definitiv um Mietwohnungen und nicht um den Erwerb von Wohneigentum gemäß den Ickinger Einheimischenmodellen, die zwar "hochlobenswert" seien, aber die Probleme der Wohnungssuchenden nicht wirklich lösten. "Hiesige Mitbürger aus der jüngeren Generation, die Familien gründen wollen, überwinden oft nicht die finanzielle Hürde für eine Eigentumsbildung, nämlich den Grundstückspreis", heißt es in einem von der SPD erarbeiteten "Faktenblatt". Summa summarum erhofft sich die SPD von einer sozial besser durchmischten Bürgerschaft auch mehr Leben, so etwa mit einem "Handwerksraum" für Männer oder einer Gesprächsrunde für alleinerziehende Mütter.

"Einen Blumenpott gewinnen wir mit alledem vielleicht nicht gleich", ahnt Jakobi. Es komme aber darauf an, "jetzt erst einmal den politischen Willen zu zeigen, um etwas in Gang zu setzen". Die Gemeinde sei jedenfalls gehalten, in diesem existenziell wichtigen Teil der Daseinsvorsorge, dem Wohnen, die Initiative zu ergreifen.

© SZ vom 05.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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