Neue Wege in der Unterbringung:Lieber Apartments als Container

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Ein vierstöckiges Haus für Asylbewerber soll auf dem Parkplatz neben der Montessori-Schule auf der Flinthöhe entstehen. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Stadt Bad Tölz will auf der Flinthöhe ein vierstöckiges Haus errichten, in das zunächst Flüchtlinge einziehen können. Später sollen die Räume als Sozialwohnungen an Einheimische vermietet werden

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Stadt Bad Tölz errichtet in eigener Regie eine Unterkunft für Asylbewerber auf dem Parkplatz neben der Montessori-Schule auf der Flinthöhe. Das Überraschende daran: Sie stellt auf diesem Grundstück, das ihr selbst gehört, nicht etwa Wohncontainer. Vielmehr baut sie nächstes Jahr ein vierstöckiges Haus mit etwa 30 Zwei-bis-Drei-Zimmer-Apartments. Wenn sich die Flüchtlingszahlen wieder verringern, sollen die Wohnungen an Einheimische vermietet werden. Der Stadtrat stimmte diesem Konzept in seiner Sitzung am Dienstag mit großer Mehrheit zu. Dagegen votierten Andrea Grundhuber (Grüne) und Anton Mayer (CSU).

Mit dem Neubau will die Stadt gleich mehrere Probleme lösen. Vor allem möchte sie den Jodquellenhof, der als Unterkunft für Asylsuchende und derzeit auch als Erstaufnahme-Einrichtung dient, wieder frei bekommen. Der Landkreis hat das Hotel im Kurviertel von der Jod AG gepachtet, die auf dem Areal hernach Wohnhäuser plant. Gegen dieses Vorhaben sträubt sich die Stadt vehement, die in ihrem Bebauungsplan eine touristische Nutzung vorschreibt und nun befürchtet, die Jod AG könnte in der Unterbringung von Asylbewerbern einen juristischen Hebel für das Projekt finden. Der Jodquellenhof sei als Flüchtlingsherberge "an dieser Stelle am allerungeeignetsten", sagt Bürgermeister Josef Janker (CSU).

Allerdings geht es der Stadt mit dem neuen Quartier auf der Flinthöhe nicht bloß um eine Alternative für den Jodquellenhof. Wegen der oft sündteuren Mietpreise will sie zum Sozialwohnungsbau zurückkehren. "Wir müssen auch für unsere Leute, für die Wohnungssuchenden aus Tölz, Lösungen anbieten", sagt Janker. Ihm schwebt vor, nach dem Auszug der Flüchtlinge die Räume zu renovieren und für Einheimische anzubieten. "Wir schlagen damit zwei Fliegen mit einer Klappe."

Den Parkplatz neben der Montessori-Schule hat die Stadt schon seit längerem für eine Gemeinschaftsunterkunft im Fokus. Der Stadtrat hatte eine Machbarkeitsstudie beschlossen, ob eine solche Anlage auf dem etwa 2000 Quadratmeter Grundstück möglich ist. Allerdings war bislang stets von Containern die Rede gewesen. Solche werde es nun "definitiv nicht geben", sagt Janker, nachdem sich die Stadtverwaltung mit der Baufirma Krämmel zusammengesetzt hat. Als Gründe nennt er, dass Container sehr teuer seien und wegen der steigenden Asylbewerber-Zahlen kaum noch zur Verfügung stünden. Außerdem habe ein Neubau den Vorteil, dass jedes Apartment in sich abgeschlossen sei. Anders ausgedrückt: Die Flüchtlinge verfügen, anders als in Containern, über eigene Bäder und Toiletten. Die Zahl der Asylsuchenden, die dort unterkommen können, schätzt Janker auf 150 bis 160. Sie müssen an diesem Standort nur über die Straße gehen, um Behördengänge im Landratsamt zu absolvieren, Supermärkte befinden sich in der Nähe, ebenso Bushaltestellen.

Die Ausgaben für den Neubau taxiert die Stadt auf 3,5 bis 3,8 Millionen Euro. Eine beträchtliche Summe, die Janker zufolge über Kredite oder aus den Rücklagen finanziert werden könnte. Er verweist auf die derzeit günstigen Zinskonditionen bei Darlehen, "das ist hervorragend für jeden, der investiert". Das Gebäude will die Stadt zunächst längerfristig an den Landkreis verpachten und damit schon mal einen Teil der Kosten refinanzieren. Später könnte sie mit Mieteinnahmen rechnen. Die meisten Stadträte waren davon überzeugt. "Eine sehr gute Lösung", befand Christof Botzenhart (CSU). Dagegen missfielen Grundhuber die Grundrisse, die für Asylbewerber in Ordnung seien, nicht aber für nachfolgende Mieter. Um nachzubessern, forderte sie einen Architektenwettbewerb, fand damit aber keine Zustimmung. Mayer sieht den Bau von Asylunterkünften als Aufgabe der Regierung. Er sehe nicht ein, warum die Stadt Wohnraum für Flüchtlinge baue, nicht aber für arme Senioren, "die Deutschland aufgebaut haben".

© SZ vom 29.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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