Nachfolge für die Kur in Tölz:Unerfüllte Hoffnung

Lesezeit: 2 min

Teilnahme am IGM Campus zahlt sich für Bad Tölz kaum aus

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Nach dem Ende der alten Sozialkur versuchten viele Kurbäder, auf dem zweiten Gesundheitsmarkt irgendwie Fuß zu fassen. Der selbst zahlende Besucher, der Urlaub und Behandlung verbindet, sollte den Kurgast ersetzen, der alles von seiner Krankenkasse erstattet bekam. Ein Weg dazu ist das "Individuelle Gesundheitsmanagement" (IGM). Dabei handelt es sich um ein Qualitätsentwicklungsprogramm des Freistaats, das von 2013 bis 2016 lief. Zusammen mit der Technischen Universität München konnten sich Kurorte zusammenschließen und im IGM Campus ein wirtschaftliches Netzwerk zur Lebensstilmedizin bilden. Auch Bad Tölz beteiligte sich daran. Der gewünschte Erfolg stelle sich bis heute jedoch nicht ein.

Beim IGM soll der Gast selbst erkennen, was ihm guttut und was seine Gesundheit schädigt, er soll dementsprechend seinen Lebensstil ändern, wobei er via PC auf ein Netzwerk von Arztpraxen, Kliniken und Kurorten zurückgreifen kann. Es sei nicht gelungen, das Projekt dauerhaft zu etablieren, sagte Kurdirektorin Brita Hohenreiter im Kur-, Tourismus- und Wirtschaftsausschuss des Stadtrats. Die Stadt bleibe zwar vorerst Mitglied im IGM Campus, beteilige sich allerdings nicht an einer neuen Modellstudie der AOK zum individuellen Gesundheitsmanagement.

In den vier Jahren, über die sich die staatliche Förderung erstreckte, beliefen sich die Fördermittel auf gut 175 000 Euro, der Eigenanteil der Stadt lag bei rund 124 000 Euro. 2017 wurde dann eine Arbeitsgemeinschaft der Kurorte Bad Wörishofen, Bad Kötzting, Treuchtlingen, Bad Alexandersbad, Bad Tölz, der TU München und der Hochschule Deggendorf ins Leben gerufen, um die weitere Zusammenarbeit zu sichern. Aber das Programm kam nicht so recht in Schwung. Zum einen deshalb, weil der Aufwand für den einzelnen Teilnehmer zu komplex und zu umfangreich sei, erklärte Hohenreiter. Zum zweiten seien die für das IGM notwendigen Computerprogramme nicht mehr modern genug - "es gibt keine App aufs Handy, das ist ein großes Problem". Und schließlich haben auch die Krankenkassen das IGM nicht in ihren Leistungskatalog aufgenommen. Sie förderten nur Ernährung oder Bewegung oder Entspannung, aber kein ganzheitliches Programm, so Hohenreiter. Deshalb sei es nicht möglich gewesen, das IGM auf dem Selbstzahlermarkt zu installieren.

Um dies zu ändern, initiierte Anton Staudinger, Geschäftsführer der TCM-Klinik in Bad Kötzting, zusammen mit der AOK eine Studie und rief die Partnerorte im IGM Campus auf, sich daran zu beteiligen. Jeder Kurort erhält 1500 Euro pro Proband, der bis zum Ende an der Studie teilnimmt. Das klinge richtig viel, meinte Hohenreiter. Allerdings habe man auch einen hohen Aufwand und müsse Geld zuschießen, falls sich nicht genug Probanden fänden. Und es gebe keinen zugelassenen Prüfarzt, auch keine eigenen Mitarbeiter dafür.

"Das A und O einer Studie ist, dass sie in die Praxis umgesetzt wird", sagte Stadtrat Jürgen Renner (SPD). Daher würde auch er "eher nicht daran teilnehmen". Ähnlich äußerte sich Ludwig Janker (CSU): "Man soll grundsätzlich aussteigen, wenn keine Chance besteht, auf eine schwarze Null zu kommen." Andrea Grundhuber (Grüne) wollte wissen, wie denn die Rückmeldung der Tölzer Gastgeber in den vergangenen Jahren gewesen sei, was IGM-Gäste betrifft. Da sieht es Hohenreiter zufolge mau aus. "Drei Jahre nach Abschluss des Programms haben wir nur 100 Gesundheitschecks gehabt", sagte sie. Und man habe es nicht geschafft, "diese 100 Leute an uns zu binden". Sie wolle aber noch zwei, drei Jahre abwarten, ob sich die Kostenträger nicht doch noch daran beteiligen. Davon war Ingo Mehner (CSU) nicht sonderlich überzeugt. "Theoretische Qualität hilft nichts, wenn es praktisch nicht funktioniert - ich würde das Geld lieber woanders reinstecken".

© SZ vom 30.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: