Nach zwölf Jahren:Abschied mit Auftrag

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Musiklehrer Bernhard Zink hat vielen Schülern etwas fürs Leben mitgegeben. Auch sein letztes Konzert am Geretsrieder Gymnasium gestaltet er innig, mitreißend - und politisch.

Von Reinhard Szyszka, Geretsried

Von einem solchen Abschied können die meisten Musiklehrer nur träumen. Aber Bernhard Zink ist nicht irgendein Musiklehrer, sondern eine einmalige und unverwechselbare Institution. Nach zwölf Jahren am Gymnasium Geretsried wechselt der beliebte Pädagoge jetzt an das Kultusministerium, und am Sonntagabend gab er sein Abschiedskonzert. Viele seiner jetzigen und ehemaligen Schüler ließen es sich nicht nehmen, dabei aktiv mitzuwirken.

Waren zu Zinks Einstandskonzert 2006 gerade einmal 28 Zuhörer erschienen, so reichte diesmal die Aula des Gymnasiums gerade aus, die Zuhörer zu fassen. Schon als Zink auftrat und sich schweigend vor das Publikum stellte, brach jubelnder, ja frenetischer Applaus los, und man merkte: Das kommt vom Herzen. Den ersten musikalischen Programmpunkt gestaltete die Musicalsängerin Martina Mühlpointner, die auch damals beim Einstandskonzert mitgewirkt hatte. Begleitet von Zink am Klavier, sang sie "Gib mir Musik" von Reinhard Mey. Mühlpointner gestaltete das Lied mit Inbrunst, und Zink war wie gewohnt ein überaus souveräner Klavierpartner.

Dann ging es weiter mit einer Zeitreise durch die Musical-Inszenierungen, die Zink im Laufe der Jahre auf die Bühne gebracht hatte. Der musikalische Partner Zinks hierbei war kein Geringerer als Tassilo-Preisträger Raphael Mayrhofer. Zink über Mayrhofer: "Formell war er ja mein Schüler, aber ich habe ihn nie so gesehen, sondern immer als vollwertigen Musiker wahrgenommen. Und jetzt hat es sich umgedreht: Jetzt bin ich derjenige, der von Raphael gerne und viel lernt." Für den Musical-Rückblick nahm Zink wieder am Klavier Platz, und Mayrhofer beherrschte die sanften Vibraphon-Klänge ebenso wie die krachenden Schlagzeug-Töne.

Das kommt von Herzen: Bernhard Zink verabschiedet sich vom Geretsrieder Gymnasium, von Schülern und Freunden, darunter der Musicalsängerin Martina Mühlpointner. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die einzige Nummer vor der Pause, an der Zink nicht selbst musikalisch beteiligt war, kam von der jungen Singer-Songwriterin und Bratschistin Hanna Mauk. Sie hatte sich einen Gitarrenbegleiter mitgebracht, stellte eigene Songs vor und sie brillierte sowohl mit ihrem Gesang als auch auf dem Instrument. Ihr Kommentar zu Zink: "Wenn ich mich manchmal frage, wieso ich immer wieder auf die Bühne gehe, dann hole ich eine Mail hervor, unter der steht: Dein Fan Bernhard."

Bei den nachfolgenden Nummern, die Pause umrahmten, ließ sich Zink mit seiner Spezialität hören: der Untermalung von Stummfilmen am Klavier. Die Aula wurde abgedunkelt, aber das wenige Restlicht genügte dem Musiker, um seine "achtzigprozentige Komposition und zwanzigprozentige Improvisation" perfekt zu präsentieren.

Vor der Pause gab es "Easy Street" mit Charlie Chaplin zu sehen, nach der Pause "Never weaken" mit Harold Lloyd. Bei beiden Filmen gab Zink nicht nur die jeweilige Stimmung vollkommen wieder, sondern untermalte auch punktgenau die markantesten Filmmomente. Es folgte ein Vokalquartett von ehemaligen Zink-Schülerinnen. Die vier überzeugten mit leisen Tönen und sauberer Intonation. Nicht minder gelungen war die nächste Nummer: Veronique Reges sang den Ohrwurm "Thank you for the music", begleitet von Zink am Klavier.

Und dann wurde es auf einmal hochpolitisch. Auf die beiden Leinwände, wo zuvor die Stummfilme zu sehen gewesen waren, wurde zunächst Artikel 5, Absatz 3 Grundgesetz projiziert, und anschließend ein Punkt aus einem AfD-Wahlprogramm. Zink machte deutlich, wie brandgefährlich die Bestrebungen dieser Partei sind, und er untermalte dies mit einem sarkastischen Lied unter dem Titel "Das wird man ja wohl noch singen dürfen!": der Deutschland-Hymne, unterlegt mit Zitaten von hochrangigen Mitgliedern der AfD.

Begleitet wurde Bernhard Zink unter anderem von Tassilo-Preisträger Raphael Mayrhofer. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der politische Ton bestimmte auch die nächste Nummer: "Ich wandle durch Theresienstadt", ein Lied des Holocaust-Opfers Ilse Weber, gesungen wieder von Martina Mühlpointner. Ein Sextett, das sich aus dem Kammerchor gebildet hatte, schloss sich an. Der Jetzigen- und Ehemaligen-Kammerchor sang ein irisches Segenslied. Die Zugabe bildete "Come again" von John Dowland, gesungen vom Ehemaligen-Kammerchor. Die Sammlung am Ausgang war für "Exit Deutschland" bestimmt, eine Initiative zur Unterstützung ehemaliger Rechtsradikaler, die sich von ihrer Ideologie gelöst haben.

Fazit: ein rundum begeisterndes Konzert, das man auch in seiner politischen Aussage nur unterschreiben kann.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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