Nach fünf Monaten Testphase:Icking stoppt den Einkaufsbus

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Der Gemeinderat lehnt eine Verlängerung der Probephase aus finanziellen Gründen ab - sehr zum Missfallen der Betroffenen.

Isabel Meixner

Kaum war die Entscheidung gefallen, dass die Probephase für den Ickinger Einkaufsbus nicht verlängert wird, erhob sich Hiltrud von Brandt, stützte sich auf ihren Regenschirm und rief entsetzt: "Was? Sie schaffen den Bus wieder ab?" Bürgermeisterin Margit Menrad (UBI) antwortete, dass in einer Gemeinderatssitzung keine Wortmeldungen von Zuschauern zulässig seien. Hiltrud von Brandt verließ den Sitzungssaal mit einem Grummeln: "Das werde ich mir merken."

Hiltrud von Brandt nutzt den Ickinger Einkaufsbus. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die Ickingerin ist eine von durchschnittlich vier Senioren, die den einmal pro Woche fahrenden Einkaufsbus nutzen. Zu wenige, befanden acht Gemeinderäte. Auf der Sitzung am Montagabend stimmten Vigdis Nipperdey, Alfred Vogel (Ickinger Initiative), Andrea Huß (Grüne), Elisabeth Häberlein (SPD), Martin Schlickenrieder, Peter Schweiger, Matthias Ertl (alle PWG) und Christoph Preuss (CSU) wegen finanzieller Erwägungen dagegen, die Testphase zu verlängern. Die Gemeinderäte der UBI und Bürgermeisterin Menrad votierten dafür. Die Gemeinde zahlt 69 Euro pro Fahrt, zehn Euro davon würden über die Fahrtkosten aufgefangen. Das entspräche einem Verlust von 1500 Euro, würde der Bus bis Ende des Jahres weiterfahren, rechnete Menrad vor, die die Einführung des Einkaufsbusses Anfang des Jahres initiiert hatte.

Vigdis Nipperdey sah angesichts der schwachen Nachfrage keine Notwendigkeit, ein solches Fahrangebot anzubieten: "Der Bedarf ist offenbar nicht so, wie wir ihn eingeschätzt haben." Matthias Ertl erkundigte sich, ob die Zahl der Passanten in letzter Zeit zugenommen habe. Menrad erwiderte, in vergleichbaren Fällen habe der Bus zwei Jahre fahren müssen, bis er entsprechend angenommen wurde. Auch Maximilian Kinkeldey (UBI) warnte: "Wir sollten das Projekt nicht ohne Daten stoppen."

Der Einkaufsbus galt im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen in punkto Seniorenmobilität als Vorbild für andere, vor allem kleinere Ortschaften. Die Gemeinde Icking hatte versucht, mit Fahrplanänderungen und geänderten Routen die Nachfrage zu steigern. Zuletzt fuhr der Bus jeden Mittwoch. Wolfgang Bambuch, Seniorenbeauftrager der Gemeinde, bedauerte, dass die Einrichtung allein aus finanziellen Gründen abgeschafft wurde, und verwies auf die S-Bahn-Linien, die im Außenbereich alle defizitär laufen: "Der Staat hat eine Vor- und Fürsorgepflicht, die hat der Gemeinderat hier nicht wahrgenommen."

Der Einkaufsbus wird Ende Juni eingestellt. "Sie hätten es zumindest laufen lassen können, bis klar ist, was mit Netto passiert", findet Hiltrud von Brandt. Sie wird von Juli an wieder darauf angewiesen sein, dass ihr Sohn aus München sie zum Supermarkt fährt. Die vielen Stufen durch die Bahnunterführung zu gehen, sei ihr zu anstrengend.

© SZ vom 13.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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