Münsing:Protest gegen Sozialwohnungen verschärft sich

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Nachbarn des Projekts in Münsing drohen mit einem Bürgerentscheid. Der Bürgermeister sucht das Gespräch

Von Benjamin Engel, Münsing

Der Protest gegen ein Projekt für soziales Wohnen in Münsing verschärft sich: Nachbarn fordern einen Runden Tisch mit Vertretern der Kommune und dem Architekten für den Neubau mit 14 sozial geförderten Wohnungen und einem Laden an der Hauptstraße. Aus ihrer Sicht ist das zweistöckige Vorhaben mitten im Dorf zu massiv und würde mit einer Giebelhöhe von 14 Metern hoch über der Bachstraße im Norden aufragen. Sollte die Gemeinde nicht einlenken, wollen sie sich für einen Bürgerentscheid stark machen. Unter der Adresse www.2bartl.de hat Anwohner Josef Bartl einen Offenen Brief an Bürgermeister Michael Grasl (FW) veröffentlicht.

Der Gemeinderat hat das Konzept für den Neubau mit Tiefgarage und Zufahrt von der Bachstraße bereits gebilligt und soll über das Projekt Ende August endgültig entscheiden. Die Grundfläche der neuen Bauten ist dreimal so groß wie die des früheren Gebäudes der Milchgenossenschaft, das sogenannte Milchhäusl, das abgerissen werden soll.

Josef und Margit Bartl wohnen an der Bachstraße unterhalb des Neubauvorhabens. An ihrer östlichen Grundstücksgrenze würde die Zufahrt zur Tiefgarage entstehen. Josef Bartl stellt klar: "Wir sind nicht gegen Sozialwohnungen. Aber es sollte sozialverträglich gebaut werden." Für die Bewohner des Neubaus bliebe auf dem dicht bebauten Grundstück kaum Platz für Grünflächen und den Spielplatz. Zudem bekenne sich die Kommune in ihrem Leitbild dazu, den ländlichen Charakter und die dörflichen Strukturen des Ortes zu wahren, die Siedlung maßvoll und behutsam zu entwickeln. Das sei durch den Plan gefährdet. Im Umfeld zwischen Haupt- und Bachstraße lebten derzeit rund 30 Leute auf 11 000 Quadratmeter Grund. Im Neubau kämen mehr als 30 Bewohner hinzu.

Margit (v. l.) und Josef Bartl sowie Helen Duckworth-Queckbörner und Jobst Queckbörner wollen keine Sozialwohnungen in der Nachbarschaft. (Foto: Hartmut Pöstges)

In seinem Protest gegen die Wohnbau-Pläne sieht sich das Ehepaar Bartl mit den Nachbarn Helen Duckworth-Queckbörner und Jobst Queckbörner sowie den Familien Jochner und Strobl an der Bachstraße einig. Die frühere Gemeinderätin Duckworth-Queckbörner fühlt sich von den Planungen überrumpelt. Die Nachbarn hätten die Gemeinde um Gespräche gebeten - vergeblich. Jetzt solle alles ganz schnell gehen. Sie schlägt vor, das Dachgeschoss im östlichen Neubau nicht für Wohnungen auszubauen sondern als Speicherraum zu nutzen, um die massive Wirkung zu reduzieren. Eine zusätzliche Ausfahrt an der Hauptstraße könne den Verkehr in der schmalen Bachstraße vermindern. Bartl kritisiert, dass so viele "bedürftige Bewohner" in einem einzigen Gebäudekomplex konzentriert würden. Aus seiner Sicht sollten Sozialwohnungen besser dezentral verteilt sein. Er fordert von der Kommune zudem, erst einmal eine Studie zum Bedarf von Sozialwohnungen vorzulegen. Er fürchtet einen massiven volkswirtschaftlichen Schaden bereits während der Bauphase. Aus seiner Sicht wird die Baugrube bis zur Hauptstraße und die angrenzenden Grundstücke reichen. Die Baustellenfahrzeuge müssten auf der Hauptstraße halten, was den Verkehr massiv behindern und Staus auslösen würde. Der Aushub könne nicht auf der Baustelle gelagert, sondern müsse sofort abtransportiert werden. Das würde die Baukosten in die Höhe treiben, sagt Bartl.

Er könnte sich stattdessen vorstellen, dass die Gemeinde ihr Rathaus auf das Milchhäusl-Grundstück verlagern statt wie bisher vorgesehen in das geplante sozio-kulturelle Zentrum am Pallaufhof einzuziehen. Dort könnten dann stattdessen Sozialwohnungen entstehen. Bürgermeister Michael Grasl (FW) zeigt sich von der Kritik der Nachbarn irritiert. Das Milchhäusl - früher sammelten und verarbeiteten die Mitglieder der Genossenschaft hier ihre Milch - sei historisch bedingt ein kleines Gebäude. Er könne die Bedenken der Nachbarn nachvollziehen. Doch existierten in direkter Umgebung an der Hauptstraße schon höhere Gebäude wie das der Sparkasse oder Apotheke.

Blick vom Balkon der Queckbörners auf das Milchhäusl. (Foto: Hartmut Pöstges)

Aus Sicht von Grasl kommt die Entscheidung für den Sozialwohnungsbau nicht überraschend. Seit dem Ankauf im Vorjahr sei öffentlich bekannt, dass die Gemeinde das Grundstück entwickeln wolle. Sie habe alle Fördermöglichkeiten ausgelotet. Um wirtschaftlich zu bleiben, müsse im sozialen Wohnungsbau verdichtet gebaut werden. Die Regierung von Oberbayern habe die Wirtschaftlichkeit bestätigt. Laut Grasl hat sich die Kommune im Leitbild auch verpflichtet, neue Wohnformen für alle Altersgruppen und Bedürftige einzurichten, Barrierefreiheit und Wohnformen für mehrere Generationen zu schaffen, was an der Hauptstraße verwirklicht werde. Er müsse an die Allgemeinheit denken. In Münsing gebe es für Rentner oder Geringverdiener kaum bezahlbaren Wohnraum.

Michael Grasl hält die Idee, das Rathaus auf das Grundstück an der Hauptstraße zu verlagern, für wenig praktikabel. Das werde noch mehr Verkehr anziehen. Er will aber gemeinsam mit den Nachbarn überlegen, wie die Fassade verträglicher gestaltet oder die Zufahrt entschärft werden könnten. Am Konzept wird sich seiner Einschätzung aber wohl kaum noch etwas ändern.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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