Münsing:Guade Nacht, Marcipane!

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Die "Vinoteca" ist Geschichte. In der neuen Location soll es aber kulturell-programmatisch weitergehen wie bisher.

Felicitas Amler

Franziska Sperr hat in der Merian-Reihe, die Städte in Biografien vorstellt, das München-Buch verfasst. Es enthält 20 Porträts und führt an Plätze, die mit den Personen verbunden sind. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das "Marcipane" ist seit Donnerstagabend Geschichte. Das ist einerseits ein wenig traurig, denn das behagliche Bistro, das sich "Vinoteca" nannte, hatte sich in fünfeinhalb Jahren als Anziehungspunkt im dörflichen Münsing etabliert. Andererseits wird es unter dem selben Dach, aber anderer Trägerschaft, an der Bachstraße 1 künftig ein Café Kalumina geben, wo es kulturell-programmatisch weitergehen soll wie gehabt. Christian Kohn, bisher neben seinem Sohn Corbinian gewissermaßen der Seniorchef des Marcipane, wird im Kalumina, das Martin Bauernfeind betreiben wird, wieder Lesungen und kleine musikalische Veranstaltungen anbieten. Wie sich das anhört, konnte man am vorvorletzten Abend des Marcipane noch einmal erleben.

Die Autorin Franziska Sperr und der kabarettistische Musikant Otto Göttler waren die Gäste des Abends. Ein gutes Gespann, wie sich zeigte. Sperr las aus ihrem München-Buch, das - erschienen in einer speziellen Merian-Reihe - die Stadt in Biografien darstellt. Der Bogen wird darin gespannt von Maximilian II. Emanuel von Bayern über Thomas Mann bis zu Franz Beckenbauer. Den Marcipane-Besuchern brachte Sperr den seinerzeit offenbar nicht gerade beliebten Erfinder Benjamin Thompson - dem wir die Rumford-Suppe verdanken - nahe. Sie führte in das aufregende Boheme-Leben der Franziska zu Reventlow ein, zeichnete das traurige Bild des verelendeten Komiker-Genies Karl Valentin, ließ Franz Josef Strauß auferstehen und den Spaziergänger Blasius alias Sigi Sommer vorbeiflanieren. Sperr erweist sich mit diesen Porträts als Meisterin des ersten Satzes, um den Journalisten gelegentlich so ringen müssen. "Kurze Rede, langer Sinn": So fängt das Valentin-Kapitel an. Die Worte "Galionsfigur der Münchner Boheme, Skandalnudel, Schwabinger Enfant terrible, Femme fatale und 'wilde Gräfin'" lassen die Reventlow vors Auge treten. Und ganz schnell hat der Zuhörer ein Bild, wenn sie das Kapitel Franz Josef Strauß eröffnet: "Der mit den Schultern, ein Heben und Senken im Rhythmus der abgehackten Sätze . . ."

Der echte Volksmusiker Göttler ergänzte mal an der Zither, mal mit der Diatonischen die Lesung jeweils um den rechten Ton. Schimpfte hier auf die "Münchner Schnuckies", ließ dort "Die schwarze Rose vom Ammersee" im Walzertakt erklingen und beschloss den Abend mit einem endgültigen "Guade Nacht, unser Tagwerk ist vollbracht"

© SZ vom 01.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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