Münsing:Die Alten sind einfach schöner

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Beim Oldtimertreffen des Burschenvereins fahren hingebungsvoll gepflegte Bulldogs und Autos vor. Ihre Besitzer würden sie nie gegen Neuere tauschen

Von Thekla Krausseneck

Josef Bruckner hat das perfekte Wetter erwischt. Unter blauem Himmel sitzt er auf seiner signalroten Moto Guzzi, mit der er gerade von Gauting nach Münsing gefahren ist: gemütlich, höchstens 100 Stundenkilometer schnell, obwohl die Maschine auch 150 könnte. Wahrscheinlich. Das habe er noch nicht ausprobiert, gesteht der 68-Jährige: Er müsse sich erst einmal an seine Guzzi gewöhnen, die habe er nämlich erst seit einem halben Jahr. Von seinem Sohn, für 4000 Euro; auch der habe sie lange vorher bereits restauriert gekauft. Keine Handarbeit also, aber darauf kommt es beim Oldtimer-Treffen in Münsing auch nicht unbedingt an.

Denn wer am Sonntag mit seinem Oldtimer auf die Wiese am Bartl-Stadl gefahren ist, der hat sich dort nicht allzu lange aufgehalten: Erst einmal im Stadl ein Bier holen, bekannte Gesichter begrüßen und vor allem: schauen, wer und was noch so da ist. 500 Besucher, knapp 200 Fahrzeuge: Wie im vergangenen Jahr ist das Treffen schon auf den ersten Blick ein voller Erfolg. Flanierer, wohin das Auge blickt, die sich mal neugierig über eine Motorhaube beugen, mal das Informationsblatt studieren, das an jedem Wagen hängt. Durch die Blätter erfahren Neugierige einiges über die Oldtimer wie Baujahr, Marke und Edition - ob der Wagen aber in Eigenarbeit restauriert wurde oder nicht, bleibt bis zum Gespräch mit den Besitzern ein Geheimnis. Denen hört man den Stolz dann aber überdeutlich an - zu Recht, denn oft genug steckt in den Autos mehr Arbeit, als sich in Zahlen überhaupt ausdrücken lässt.

361 Tage, also fast ein Jahr, hat Michael Ronge aus Gauting in seinen Golf gesteckt. Jeden Abend schraubte, lackierte, verbesserte er das Schmuckstück, schnitt Rost heraus und ersetzte die Teile, erneuerte Kotflügel, Motor, Vergaser. Das Ergebnis: Der Einser-Golf sieht aus wie neu. Sogar die umhäkelten Klopapierrollen und der Wackeldackel auf der Hutablage fehlen nicht. Aber wozu die ganze Arbeit? Ronges Antwort kommt einer Liebeserklärung gleich: "Die alten Autos sind schöner", sagt er, "die neuen sind so rund. Ich mag das Eckige."

Dieter März spielt ebenfalls mit dem Gedanken, seinen Bulldog zu restaurieren - wenn er in Rente ist vielleicht, also von September kommenden Jahres an. Derzeit ist das 50 Jahre alte Gefährt noch im Originalzustand, mit allen Defiziten, die das Alter so mit sich bringt. Dafür aber so zuverlässig wie eh und je. Rat wird sich März beim Nachbarn Franz-Josef Mayr holen können: Der besitzt dasselbe Modell, einen Eicher Tiger, nur zwei Jahre älter. Blau lackiert und glänzend sauber steht er in einer Reihe mit anderen restaurierten landwirtschaftlichen Fahrzeugen.

Was reizt Sie so sehr an den Oldies?

"Gute Wertanlage"

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(Foto: Manfred Neubauer)

Torsten Wonka, 39, aus Gauting: "Ich besitze einen Porsche 911 S, Baujahr 1976, original in Cockney-Braun. Den habe ich nicht selber restauriert, sondern 2008 in Kalifornien gekauft, für 17 000 Euro. Würde ich ihn heute wieder verkaufen, bekäme ich schon wesentlich mehr - ungefähr 45 000 Euro. Das liegt daran, dass die Nachfrage in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist. Die Autos sind daher eine ziemlich gute Wertanlage."

"Das hier ist ein Erlebnis"

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(Foto: Manfred Neubauer)

Stefan Petzold, 17, aus Kochel am See: "Wir sind mit dem Deutz-Oldtimer-Traktor meines Bruders aus Ried hergekommen, was ungefähr drei Stunden gedauert hat. Die Maschine ist aus dem Jahr 1960, hat nur 25 PS und fährt nicht schneller als ungefähr 23 Stundenkilometer. Das nehmen wir gerne auf uns, denn das Treffen hier ist ein Erlebnis. Besonders das Highlight am Nachmittag: die Rundfahrt mit allen Oldtimern."

"Unverwüstlich"

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(Foto: Manfred Neubauer)

Christine März, 52, aus Münsing: "Unseren Bulldog, Baujahr 1962, hat mein Vater vor gut 40 Jahren gekauft. Eigentlich ist er kein richtiger Oldtimer, weil wir ihn noch benutzen. Im Winter ist er jeden Samstag im Einsatz: Wir holen damit das Holz aus dem Wald, das wir für unsere Heizung brauchen. Der Bulldog hat nur 22 PS und fährt ungefähr 20 Stundenkilometer, läuft aber seit jeher ohne die geringsten Probleme. Er ist unverwüstlich."

"Jetzt glänzt er wieder"

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(Foto: Manfred Neubauer)

Franz-Josef Mayr, 56, aus Münsing: "Meinen zweizylindrigen Eicher Tiger Bulldog habe ich mir vor einiger Zeit für 2450 Euro gekauft, um im Winter eine Maschine zu haben, mit der ich das Holz aus meinem Wald nach Hause bringen kann. Der Bulldog ist von 1960. Zwei Monate habe ich intensiv an ihm gearbeitet, neue Grundierung und Lackierung, die Ventile abgeschliffen und die Zylinderköpfe überholt. Jetzt glänzt er wieder."

"361 Abende restauriert"

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(Foto: Manfred Neubauer)

Michael Ronge, 28, aus Wolfratshausen: "Vor zwei Jahren habe ich mir einen alten VW Golf I von 1983 gekauft - den zu restaurieren hat mich 361 Abende und rund 7000 Euro gekostet. Der Wagen hatte eine gute Substanz, kaum Rost. Den Motor habe ich komplett überholt und einen Weber-Doppelvergaser eingebaut. 140 PS, das ist viel für so ein leichtes Auto. Wie schnell es jetzt fährt? Keine Ahnung - der Tacho geht nur bis 200."

Wer gern an Oldtimern schraubt, muss nicht zwingend vom Fach sein. Vorteile hat das aber schon: Der Gautinger Bruckner etwa verkaufte früher Autoersatzteile - für Lastwagen. Zu Hause in einer ehemaligen Scheune stehen heute seine zwei Lastwagen von Mercedes, beide von Hand restauriert. Seine berufliche Erfahrung war ihm da natürlich eine große Hilfe. Zum Münsinger Oldtimer-Treffen ist er trotzdem lieber mit der knallroten Moto Guzzi gekommen.

© SZ vom 24.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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