Moderne Architektur:Nachhaltig und innovativ

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Die "Architektouren" führen im Landkreis zu zwei Gebäuden: Zur neu errichteten Montessori-Schule in Bad Tölz und zum Waldhaus Ambach, das aus zwei klug zusammengefügten Bungalow-Teilen besteht

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die Architektouren zeigen am kommenden Wochenende - 27. und 28. Juni - im Landkreis die ganze Bandbreite nachhaltigen und innovativen Bauens. In Bad Tölz und Ambach am Starnberger See (Gemeinde Münsing) sind zwei Häuser zugänglich: Die Tölzer Montessorischule, die in Holzbauweise unter Beachtung des pädagogischen Montessori-Konzepts neu errichtet wurde, und in Ambach zwei miteinander verbundene Bungalows - einer aus den 60-er Jahren, der andere aus den 80-er Jahren - diee saniert, einheitlich und energieeffizient modernisiert wurden. Es gehe darum, zu zeigen, dass selbst mit einfachen Mitteln gelungene Architektur möglich sei, sagt die Münchner Architektin und Stadtplanerin Petra Schober. Sie gehört dem zehnköpfigen Beirat an, der die Projekte bewertete. Die bayerische Architektenkammer organisiert die Architektouren 2015 bereits zum 20. Mal. Sie ermöglichen es der Öffentlichkeit hinter Türen zu blicken, die ihr sonst verschlossen bleiben. An der Montessorischule sei die nachhaltige Holzbaulösung bemerkenswert, sagt Schober. Im Waldhaus sei aus zwei alten Baukörpern ein interessantes Ensemble entstanden, das auch durch seine Energieeffizienz überzeuge.

Montessorischule Bad Tölz

Die Bayerische Architektenkammer hat die Tölzer Montessorischule als Beispiel einer qualitätvollen Holzbaulösung für ein anspruchsvolles Pädagogik-Konzept und ein kleines Baubudget ausgewählt. Die Dachauer Architektin Carola Hain-Fischer und der Münchner Architekt Arthur Schankula haben das Gebäude in 16 Monaten als gleichberechtigte Projektpartner errichtet. Die Schule habe einen Holzbau und die Umsetzung nach den Konzepten von Maria Montessori vorgegeben, sagt Hain-Fischer, die sich mit ihrem Büro auf Schulen spezialisiert hat.

Im Erdgeschoss des Haupttrakts entstanden Fachräume, unter anderem für Musik, Zeichnen sowie für Physik, Chemie und Biologie. Eine Hauswirtschaftsküche, ein großer Werkstattbereich und eine Bibliothek wurden eingerichtet. Im Obergeschoss richteten die Architekten vier sogenannte "Lerninseln" ein - vom Flur abgeschlossene Bereiche für Deutsch, Mathematik, Fremdsprachen und Naturwissenschaften. Es seien helle Räume entstanden, in denen sich die Kinder auch wohlfühlten, erklärt Hain-Fischer. Um eine optimale Lösung zu erreichen, hospitierten die Architekten im Unterrichts und holten Anregungen der Schülern in Workshops ein.

Helle Räume und Lerninseln, in denen sich die Kinder wohl fühlen, zeichnen die Tölzer Montessori-Schule aus. (Foto: Lothar Reichl/privat)

So kamen die Architekten zu innovativen Lösungen. Im Foyer der Montessorischule sind drei Baumstämme mit Rinde als tragende Stützen eingezogen. Das stelle den Bezug zur Natur her, der in der Montessori-Pädagogik wichtig sei, erklärt Hain-Fischer. Auch durch das Gebäude solle den Kindern vermittelt werden, wie wichtig es ist, Verantwortung für die Natur zu übernehmen. Für das Gebäude verwendeten die Architekten massive Elemente aus Fichten-Brettsperrholz. Das Dach wurde mit einer Brettstapeldecke aus Fichtenholz abgeschlossen.

Das Haus lehne sich an die Traditionen des alpenländischen Bauens an, sagt die Arckitektin. Das zeige sich an der hell lasierten Holzverschalung an den Außenwänden sowie den Dachüberständen. Das Farbkonzept aus Rot-, Gelb- und Orange-Tönen schlägt sich auch an der Außenfassade nieder. Die unterschiedlich hohen Brüstungen in den drei Farben erinnern an Notenlinien, auf denen die Musiknoten auf und ab hüpfen. Dies verdeutlicht Hain-Fischer zufolge die musische Ausrichtung der Tölzer Montessorischule.

Im rechten Winkel zum Haupttrakt entstand eine Einfach-Turnhalle. Sie wird durch ein an den Längsseiten verlaufendes Lichtband effektiv und kostensparend - da auf Oberlichter verzichtet wurde - beleuchtet. Blockheizkraftwerke gewinnen Wärme und Strom.

Waldhaus Ambach

In Ambach stand das Münchner Büro "Spandri Wiedemann Architekten" vor der Herausforderung, aus zwei unterschiedlichen Bauten eine gestalterische Einheit zu formen. Der südliche Bau war 1962 als Atelier- und Sommerhaus mit Anklängen an die Case-Study-Architektur der amerikanischen Ostküste errichtet worden. Das nördlichere, durch ein Treppenhaus angebundene Haus entstand erst 1982. Wegen dessen Holz-Skelettbauweise aus Fichtenholz habe es recht massiv und schwer gewirkt, sagt Architekt Sebastian Wiedemann.

Das Waldhaus in Ambach entstand aus zwei Teilen, die über ein gemeinsames Treppenhaus verbunden sind. (Foto: Oliver Spies/privat)

Die bungalowartige Grundstruktur und die Lage im Wald legten ein großzügiges und möglichst helles Raumkonzept nahe. Die Basis beider Häuser bildet ein verputztes Sockelgeschoss. Raumhohe Verglasungen schaffen einen Bezug zum alten Baumbestand und zum Garten. Das Obergeschoss ist mit einer vorvergrauten Schale aus Weißtanne verkleidet. Die Fenster sind als Loch- beziehungsweise Bandfassade ausgebildet. Dadurch verleihen sie den Schlafräumen und Privaträumen Geborgenheit. Allein die von der Straßenseite nicht einsehbaren Öffnungen nach Westen sind raumhoch verglast. Beide Kuben verbindet die konvex-konkav ausgebildete Dachlinie. Das gemeinsame Treppenhaus verbindet die beiden Bungalows.

Im Erdgeschoss des Nordflügels sind Küche, Ess- und Wohnzimmer untergebracht. In den Räumen herrscht eine loft-artige Atmosphäre. Die Bewohner können von hier aus die seeseitige Terrasse, den Garten und den geschützten Innenhof im Osten erreichen. Das südliche Erdgeschoss hat eine autarke Infrastruktur mit Bad und Küche sowie eine kleine Terrasse zum Starnberger See. Wenige, hochwertige Materialien wurden eingesetzt. Deshalb könne das Haus nach dem persönlichem Geschmack gut eingerichtet und mit Kunstgegenständen ausgestattet werden, sagt Wiedemann. Im Obergeschoss lagerten sich die Schlafräume an das zentrale Treppengeschoss an.

Das Waldhaus hat eine Nutzfläche von 460 Quadratmetern. 2012 hatte der Vater des Architekten, Dieter Wiedemann, die Anlage gekauft. Sie stand bereits länger leer und war stark eingewachsen. Bauherrin war Sophia von Waldhausen. Die Künstlerin erstellte abstrakte Grafiken, malte und war Bildhauerin. In ihrem Haus war eine Kunstbibliothek untergebracht. Sie hatte Kontakt zu zeitgenössischen Künstlern wie Josef Albers.

Die Montessorischule in Bad Tölz ist am Samstag, 27. Juni, um 14 Uhr und am Sonntag, 28. Juni, von 15 Uhr an zu besichtigen. Treffpunkt ist am Haupteingang. Die Besucher können das Waldhaus in Ambach am Sonntag, 28. Juni, zwischen 12 und 15 Uhr besichtigen. Eine telefonische Anmeldung unter 01632465236 ist erforderlich.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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