Mitten in Wolfratshausen:Wohltuender Lärm

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In der Loisachstadt ist es zu ruhig für junge Leute? Von wegen, nicht an einem Sonntag...

Kolumne von Benjamin Emonts

Für den Auswärtigen, der erwartungsvoll nach Wolfratshausen kommt, gibt die Stadt manchmal ein ernüchterndes Bild ab. Das Herz Wolfrathausens, der Untermarkt, wirkt die meiste Zeit nämlich sehr ausgestorben und kraftlos. Auf den Straßen hier ist kaum mehr los als in den Dörfern des Landkreises. Einen Supermarkt sucht man im Zentrum ebenso vergeblich wie Bars, in denen junge Menschen sich einen schönen Abend machen könnten. Manchmal, wenn sich der morgendliche Herbstnebel in Wolfratshausen ausbreitet, glaubt man, in der Stadt Geister zu sehen.

Umso größere Augen machte der Auswärtige am vergangenen Sonntag: beim großen Markt in Wolfratshausen. Genauer gesagt: Man mochte seinen Augen kaum trauen. Die Wolfratshauser Innenstadt war plötzlich wie ausgewechselt, erfrischend, lebendig, weltoffen. Bei Kaiserwetter drängelten sich Hunderte Menschen über den Untermarkt, der stellenweise wie ein Jahrmarkt anmutete. Die Händler bewarben lauthals ihre "zuckersüßen Klementinen" oder unterhielten sich angeregt mit ihren Kunden. Ein bunt gekleideter Clown mit roter Nase und riesigen Schuhen knotete Kindern mit Luftballonen verschiedene Kreaturen. An einem Stand mit Brotaufstrichen aus allen Geschmacksrichtungen standen die Leute im Kreis, probierten und gaben Einschätzungen zu ihren Kostproben. Ein paar Meter weiter duftete es wiederum nach französischen Crêpes mit Nutella oder ganz klassisch nach Bratwürsten und Fischsemmeln. An einem solchen Sonntagsmarkttag wirkt Wolfratshausen fast ein wenig international.

Mit dem regen Treiben und Wuseln ging freilich auch ein gewisser Akustikpegel einher, ein konstantes Gemurmel und Geratsche der flanierenden Innenstadtbesucher, die offensichtlich den Sonntagsausflug genossen. Das bisschen Mehr an Menschen tat dem manchmal etwas schläfrig wirkenden Wolfratshausen definitiv gut.

Wobei: Auf den kleinen braunen Spielzeugköter, der an einem der Stände vibrierte und unausstehlich bellte, hätte man gut und gerne verzichten können.

© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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