Mitten in Wolfratshausen:Auf drei Rädern in die Zukunft

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Im Klimawandel braucht es keine ökologisch völlig überschätzten Elektroautos wie etwa den Dienstwagen des Bürgermeisters, sondern Muskelkraft

Von Wolfgang Schäl

Wir haben unlängst darauf hingewiesen, dass die Wolfratshauser Flößereigaststätte ein zentraler Beobachtungsposten ist, von dem aus sich das fußläufige Leben der Stadt großartig eröffnet. In den Blick gerückt ist am Loisachufer zwischenzeitlich aber sogar die Zukunft der Mobilität schlechthin. Unsere Erkenntnis: Es sind nicht die ökologisch völlig überschätzten Elektroautos wie etwa der Dienstwagen des Bürgermeisters, es ist das dreirädrige, muskelbetriebene Veloziped mit Liegesitz, Fahnenmast, hinten liegendem Steuerrad und Frontantrieb bei oben liegender Tretkurbel, dem die Zukunft gehört.

Man kann es ja ganz leicht ausrechnen. Wenn innerhalb einer dreiviertel Stunde auf eine Strecke von weniger als 300 Metern gleich zwei dieser utopischen Gefährte auftauchen, dann wird, bezogen auf das bundesdeutsche Fernstraßennetz sofort klar: Dem Dreirad gehört die Zukunft, es ist das Massenverkehrsmittel des dritten Jahrtausends. Einer der erwähnten beiden Dreiradler war leider so blitzschnell vorbeigesaust, dass wir den Inhalt des flatternden Wimpels nicht erkennen konnten, was freilich für die überragenden Fahrleistungen dieses umweltfreundlichen Gefährts spricht. Der weißhaarige Pilot des anderen dagegen machte an der Gaststätte Station, um einen schäumenden, offenbar unmittelbar auf die Muskulatur einwirkenden Treibstoff zu tanken.

Irritiert hat uns in diesem Fall die Beflaggung: eine weißblaue Rautenfahne unten, darüber eine dreieckige, knallrote ohne Symbol und Aufschrift. War das einer der königlich-bayerischen Wolfratshauser Sozialdemokraten? Vielleicht war das rote Fähnlein aber auch nur ein Beitrag zur eigenen Sicherheit. Denn wer auf dem Rücken liegend, 40 Zentimeter mit dem Kopf über der Marktstraße, einen Vierzigtonner überholen will, muss sich schon irgendwie bemerkbar machen. Weil wir selber etwas ängstlich sind, beschränken wir uns lieber auf das herkömmliche, zweirädrige, unbeflaggte Damenradl mit unten liegenden Pedalen, Heckantrieb, akustischer Glocke und Einkaufskorb, in der Hoffnung, mit dem raumsparenden Drahtesel wenigstens zur Lösung der Parkplatzfrage in Wolfratshausen beizutragen. Denn auch die ist ja ein Jahrtausendthema.

© SZ vom 07.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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