Mitten in Bad Tölz:Wenn die Wiesn in der Kurstadt wär'

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Von Klaus Schieder

Volksfestmäßig ist Bad Tölz leider ein weißer Fleck auf der Landkarte. Auf dem Christkindlmarkt dreht sich ein Kinderkarussell, das war's schon mit Belustigungen fürs ganze Jahr. Gewiss, wer seinem Magen gerne ein paar Saltos spendiert, der kann ja auf die Wiesn fahren, in den Power Tower oder den Eurostar steigen und sich danach ungeniert übergeben, das fällt dort gar nicht auf. Vergnügungen solcher Art müssen in Tölz nicht sein, aber ein bisserl mehr Rummel könnte auch hier nicht schaden.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Eine Dult, wo die Langeweile das einzige Extrem ist, braucht die Kurstadt nicht. Sie könnte aber etwas oktoberfestähnliche Kurzweil in ihr Stadtentwicklungskonzept integrieren. Das braucht nun nicht eine Bude auf den vielen Märkten im Jahr zu sein, vor der die Gäste mit Bällen auf grob geschnitzte Stadtratsköpfe werfen - was eh unoriginell wäre. Besser so: Wem gerne schwindlig wird, der kann mit Leiterin Elisabeth Hinterstocker zum kleinen Speicher des Stadtmuseums in der Bürgerpassage hochkraxeln, denn dies geht nur über eine lange, schwingende Leiter und mit einem seitlichen Hineinhangeln in den Dachboden. Oder auch: Der Lift zum neuen Sitzungssaal im Rathaus funktioniert nach Art des Skyfall auf der Wiesn, in drei Sekunden hoch unters Dach, in zwei runter zum Boden, ungefähr so wie umgekehrt der Schuldenstand der Stadt. Oder: Der Kreisverkehr, der vor der Tourist-Info entstehen soll, könnte ein selbstdrehendes Rondell sein, das die Fahrer per Zufallsgenerator vor die sehenswerten Hoefter-Wohnblocks an der Ludwigstraße führt, in die TI oder - als Hauptgewinn - zum Ortsausgang.

Andererseits: Nervenkitzel gibt es in Tölz ohne alledem. Aufregend ist etwa, ob sich das geplante Spa und die Luxushotels nicht als finanzielle Achterbahnfahrt erweisen. Noch aufwühlender ist die Frage, ob das neue Hotel am Bichler Hof mit seinen 280. . ., pardon 80 Betten durchstartet. Denn damit - und nicht mit dem Spa - steht und fällt für Kurdirektorin Brita Hohenreiter die ganze Neue Tölzer Hotelkultur. Also ja, alleine der Gedanke, dass dieser Umbau scheitert . . ., es könnte einem richtig übel werden.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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