Lichtmess-Empfang:Grün-schwarzer Flirt

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Lichtmess statt Fastnacht: Claudia Roth zog einen Auftritt in Bad Tölz dem Spektakel in Veitshöchheim vor. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Claudia Roth zwinkert in Bad Tölz der CSU zu

Von Claudia Koestler, Bad Tölz

Wahlkampf statt Büttenrede: Claudia Roth, Grünen-Politikerin und Bundestags-Vizepräsidentin, hat am Freitag die Fastnacht in Veitshöchheim sein lassen, um in Bad Tölz beim Lichtmess-Empfang der Kreis-Grünen für Demokratie und eine Besinnung auf humanistische Werte zu werben. Roth war dazu pünktlich erschienen im Kolberbräu, anders als ein weiterer Wahl-Berliner, der ebenfalls eingeladen war. Der Geretsrieder Linken-Bundestagsabgeordnete Andreas Wagner und Roth hatten unterschiedliche Wege in die Kurstadt gewählt. "Er sitzt im ICE fest - gut, dass du geflogen bist, Claudia", dankte ihr Kreissprecher Alexander Müllejans.

Das Publikum war bunt gemischt: Kreisräte und Bürgermeister jeder Couleur sowie Engagierte waren gekommen. Roth dankte mit einer auf nahezu 90 Minuten ausgedehnten Rede, die Forderungen nach Ökologie und Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Demokratiewahrung umfasste. Allerdings bewies sie auch emotionale Verve, als sie sagte: "4930 Euro: Das ist im Moment der Tarif für viermal Claudia Roth umbringen wollen." Zu dieser Strafe sei kürzlich jemand verurteilt worden, der ihr wiederholt mit Aufhängen und Erschießen gedroht hatte. Ein persönliches Erlebnis, mit dem Roth ihre Befürchtung unterstrich, die Demokratie werde derzeit in ihrem Kern angegriffen.

Das christliche Fest Mariä Lichtmess feiere, so hatte Peter Priller zuvor erläutert, die Rückkehr des Lichts nach der Dunkelheit. "Ich komme ja gerade aus Berlin, und vielleicht brauchen wir alle mehr Licht, als wir uns vorstellen können", sagte Roth. Die Welt sei aus den Fugen, jüngst sei bei einer Debatte im Bundestag gar wieder das Wort "entartet" gefallen. Doch die Antwort auf Hetze dürfe kein Hass sein: "Wir müssen diesen Angriffen auf die Menschenfreundlichkeit, diesen Angriffen auf unsere Erinnerungskultur Deutliches entgegensetzen, wir müssen inhaltlich besser sein." Ein starkes, vielfältiges Land sei schließlich, wie sie am Beispiel Bayern festmachte, "nicht nur weiß-blau kleinkariert, sondern regenbogenbunt". Ein Ort, wo auch Geflüchtete dazugehörten, Juden und Muslime, Sinti und Roma - und FDP-Wähler, wie es ihr zufolge ihre Eltern waren.

Die größte historisch-globale Herausforderung sei indes die Klimakrise: "Wir brauchen keine Landwirtschaftspolitik, die sich kümmert um eine Glyphosat-Hochzeit von Monsanto und Bayern, ähm, Entschuldigung, Bayer." Bei allen politischen Differenzen sei es bei den Jamaika-Gesprächen gelungen, zu beschreiben, wo gemeinsame politische Ziele liegen - und das, so hoffte sie, bleibe. Eine kleine Handreichung also an die CDU: "Schließlich gingen nicht wir, sondern der Poster-Boy der FDP." Roth sagte, sie habe auch ihre "lieben Kollegen von der CSU" jüngst gesprächsbereit erlebt. "Nicht so, wie Sie jetzt denken. Aber der Andi ist schon ein Sahneschnittchen ...", sagte sie über Andreas Scheuer.

Der kommende Landtags-Wahlkampf werde folglich spannend, so das Fazit der Grünen-Politikerin, "wenn man sich respektvoll begegnet, sich ernst nimmt in den Argumenten und richtig kennenlernt". Sie freue sich auf die nächste Begegnung in Tölz, "wenn wir vielleicht anstoßen auf den demokratisch so förderlichen Verlust absoluter Mehrheiten", schloss sie mit einem Augenzwinkern in Richtung CSU-Kreisrat Ingo Mehner.

© SZ vom 05.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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