Lenggrieser Ortsentwicklung:Komplizierte Verhältnisse

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Die Lenggrieser CSU-Bürgermeister-Kandidatin Christine Rinner (Mitte) initiierte den Rundgang an der ehemaligen Prinz-Heinrich-Kaserne. (Foto: Harry Wolfsbauer)

CSU-Bürgermeisterkandidatin Christine Rinner informiert an der ehemaligen Kaserne über Sachstand und Entwicklungschancen

Von Klaus Schieder, Lenggries

Die gekrümmte Skulptur eines Adlers schwebt einsam neben dem Exerzierplatz, vor den Eingängen der Gebäude und auf den Straßen wächst büschelweise Gras, das weiß-fleckige Schild am Eingang, wonach Fotografieren und Filmen strengstens verboten sei, warnt niemanden mehr: Seit 17 Jahren liegt die Prinz-Heinrich-Kaserne in Lenggries verwaist da. Wie das riesige Gelände künftig genutzt werden soll, ist eine der großen Fragen, die der nächste Bürgermeister respektive die nächste Bürgermeisterin der Brauneck-Gemeinde beantworten muss. "Es braucht auf alle Fälle ein Gesamtkonzept", sagte die CSU-Bewerberin Christine Rinner bei einem Rundgang mit circa 40 Teilnehmern über das Kasernenareal. Ihr schwebt dort weiterhin eine Bildungseinrichtung vor, "das ist meine Idealvorstellung". Eine Wohnnutzung sieht sie hingegen sehr skeptisch.

Die Kaserne wurde 1936 im Eiltempo von den Nazis hochgezogen. Trotz dieser Herkunft stehen etliche Gebäude auf dem ehemaligen Militärgelände unter Denkmalschutz. Ein Grund dafür sind die Lüftlmalereien und die Erker, die als heimattypisch gelten. Rinner vermag dies nicht ganz nachzuvollziehen, wenn sie diese Bilder an den Hauswänden und die Vorbauten mit jenen in Lenggries selbst vergleicht. Und überhaupt: "Wenn ich sehe, was danach gekommen ist, dann sage ich: weg damit." Das dürfte allerdings schwierig werden. Man könne zwar Einspruch erheben, sagte Zweiter Bürgermeister Franz Schöttl (CSU). "Aber wenn etwas in der Denkmalliste ist, kann man sich kaum noch dagegen wehren."

Ein Abriss ist mithin fast ausgeschlossen. Aber auch ein Umbau in Wohnhäuser wird nicht minder kompliziert sein, wie Rinner ausführte. Dies liege an der Bauweise der Gebäude. Die seien betoniert bis zum Dach, aber der Dachstuhl sei "nur so draufgesetzt" worden, erklärte sie. Dadurch wäre der Grundriss kaum umzumodeln, "da kann man nur schwer etwas verändern". Hinzu kommt, dass die US-Streitkräfte, die bis 1970 in der Lenggrieser Kaserne stationiert waren, vorwiegend die Speicher und Keller mit Herbiziden behandelt hatten. Die Belastung durch Schädlingsbekämpfungsmittel wie DDT und Lindan könnte mittlerweile unter den zulässigen Grenzwert gesunken sein, dies müsste durch ein neues Gutachten jedoch erst einmal festgestellt werden. "Man darf nicht vergessen, dass man diese Kontamination entsorgen und alles bewohnbar machen muss", sagte Rinner.

Nach dem Abzug der Bundeswehr, die die Prinz-Heinrich-Kaserne 1973 übernommen und 2003 wieder verlassen hatte, gab es durchaus Interessenten für das rund 15 Hektar große Areal. Die Schörghuber-Gruppe wollte dort eine private Fachhochschule ansiedeln, später sollte darauf das "Camp Woodward Europe Lenggries" entstehen. Beide Vorhaben scheiterten nach zunächst guten Anläufen. Lenggries, sagt Schöttl, habe "mehrere Male Pech gehabt". 2015 kaufte schließlich die Gemeinde circa 12,3 Hektar des Geländes für knapp fünf Millionen Euro. Die Besitzverhältnisse sind mittlerweile kompliziert. Der Kommune gehören unter anderem das lang gestreckte Stabsgebäude gleich links hinter dem Eingang, außerdem die vier U-förmigen Mannschaftsquartiere, die sich rechts davon nach Westen hin um den Exerzierplatz gruppieren, ebenso die ehemalige Kantine und Werkstatthallen. Ein Teil des Areals ist Gewerbegebiet (Luitpolder Höfe), überdies gibt es noch zwei weitere Privateigentümer. Eine davon ist die Immobilienfirma Adlwarth aus Bad Tölz, die das ehemalige Lehrsaalgebäude besitzt. Heike Adlwarth verwies auf Bad Aibling, wo auf einem ehemaligen Kasernengelände eine Sportschule mit einem Internat, ein Hotel und Wohnhäuser entstanden seien. Eine solche Mischung sei "etwas, das man sich als Vorbild nehmen kann", meinte sie.

Die einzigen Gebäude, die im Moment frei verfügbar wären, sind die im Westen gelegenen Werkstatt- und Fahrzeughallen, der Muli-Stall und die Krankenstation. Da sollte man "schon darüber nachdenken, ob man das zeitlich befristet nutzbar macht", sagte Rinner. Zum Beispiel für Gewerbebetriebe oder als Wohnmobilplatz. Dagegen lehnt sie Wohnhäuser hier wie auf dem Rest des Geländes eher ab. "Wenn 500 bis 100 Leute da heroben wohnen", dann müsse man vorher mit großer Vorsicht abwägen, "ob das gut ist für den Ort", sagte sie. Außerdem gelte auf dem Kasernenareal der Bebauungsplan, der Freizeit, Sport und Bildung vorschreibt. Ob sie für einen solche Zweck vielleicht schon einen neuen Interessenten an der Hand hat? "Es gibt etliche Gespräche, aber nichts ist kurz vor der Fertigstellung", sagte die Bürgermeisterkandidatin.

© SZ vom 03.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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