Lenggries:Wenig Bewegung im Speckgürtel

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Das Landesentwicklungsprogramm sei ein Landesverhinderungsprogramm, moniert Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU). (Foto: dpa)

Beim Gemeindetag geht es um die Entwicklung der Landkreise

Von Alexandra Vecchiato, Lenggries

Der Ton ist locker, es wird viel gelacht. Wäre nicht das formelle Ambiente des Tagungsraums im Arabella Brauneck Hotel, man könnte meinen, da sitzen nur ein paar Freunde zusammen. Doch es ist die Frühjahrsversammlung des Bezirks Oberbayern des Bayerischen Gemeindetags. Zu Gast ist Finanz- und Heimatminister Markus Söder (CSU). Er schätze diesen Austausch mit den Bürgermeistern sehr, sagt er. Damit will er den Anwesenden nicht bloß schmeicheln. Ihm gehe es um Anregungen, die er in der Landespolitik umsetzen könne. Und die bekommt er mit auf den Weg zurück nach München. Die Bürgermeister drückt der Schuh bei vielen Themen, sei es bei der Unterbringung von Asylbewerbern oder der Entwicklung ihrer Kommunen.

Landrat Josef Niedermaier (FW) kommt zum Punkt: Es sei sehr schwer für Landkreise wie Bad Tölz-Wolfratshausen im Speckgürtel von München. Wo positioniere man sich, wenn es einerseits innerhalb eines Landkreises Bereiche gebe mit besonderem Handlungsbedarf, andererseits Entwicklungszentren wie Geretsried und Wolfratshausen? Überhaupt sei Entwicklung so eine Sache, wenn mehr als 50 Prozent der Kreisfläche unter Schutz stünden. "Wenn es keine Flächen gibt, geschweige denn bezahlbare", sagte Niedermaier.

Söder kennt dieses Problem. In München, so der Minister, würde man den ländlichen Raum am liebsten unter eine Käseglocke stellen, nichts solle sich verändern. Dazu diene in gewissem Sinne das Landesentwicklungsprogramm, das aus seiner Sicht ein Landesverhinderungsprogramm sei, das die Gemeinden einenge. Als Beispiel nannte Söder das Anbindungsgebot, das vor allem Gewerbeansiedlungen und den Tourismus behindere. Er habe einen Vorschlag zur Erleichterung schon in der Schublade. Allerdings möchte er damit nicht den Bau großer Outlets auf grüner Wiese begünstigen, das brächte nur Ärger; er wolle Freizeit und Tourismus fördern. Denn gerade der Alpenraum habe auf diesem Sektor große Probleme mit dem Nachbarn Österreich, wo alles erlaubt sei. "Unser Tourismus ist schon okay, aber wir brauchen mehr Angebote im Vier- und Fünf-Sterne-Bereich."

Weiter vorantreiben will er die flächendeckende Digitalisierung wie auch den Wlan-Ausbau, mit dem im Juli begonnen werden soll. Pro Gemeinde soll es zwei Stützpunkte geben, "meinetwegen auch drei. Ich kann nur allen Bürgermeistern empfehlen mitzumachen." Den Bürgermeistern, die über die hohen Kosten für die Kinderbetreuung klagten, gab er mit auf den Weg, sie sollten sich zuallererst freuen über den Zuwachs. In Oberfranken etwa gebe es Bereiche, die bis zu 80 Prozent Bewohner verloren hätten. Zudem soll mehr Geld in die Kinderbetreuung fließen.

Das Thema Asyl bereitet Markus Söder Bauchschmerzen. Die Rücklagen des Freistaats von an die sechs Milliarden würden wie Butter in der Sonne schmelzen, habe man im vergangenen wie auch in diesem Jahr jeweils viereinhalb Millionen für Flüchtlinge ausgegeben. Zuversichtlich sei er, dass der Bund sich künftig stärker an den Kosten bei der Unterbringung anerkannter Asylbewerber beteiligt. Diese Entscheidung werde Ende Mai fallen. Problematischer sei indes die Schaffung neuen Wohnraums. Denn es gebe keine entsprechenden gesetzlichen Änderungen, die Wohnungsbau dort ermöglichten, "wo man eigentlich nicht bauen darf". Aber Unterbringung allein sei nicht der wesentliche Aspekt. Es gehe um die Integration der Flüchtlinge, die in Deutschland bleiben wollen. "Da werden ein paar Gender-Kurse nicht reichen." Söder ist sich sicher, dass es jahrelang dauern werde, den Neubürgern aus anderen Kulturkreisen hiesige Werte zu vermitteln. Überlegungen von Schulen, etwa nach Geschlechtern getrennten Sportunterricht anzubieten, lehnt er ab: "Wenn man bei Kindern eine Spaltung macht, geht später ein Riss durch die Gesellschaft."

© SZ vom 12.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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