Lenggries:Seine schlimmsten Fälle

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Wilde Griller verfeuern den Holzbalkon der Wasserwacht, Wildnis-Pädagoge hantiert mit Kerzen auf trockenem Boden

Von Klaus Schieder, Lenggries

Das "Prinzregentenbad" nennt Isar-Ranger Kaspar Fischer ein lang gestrecktes Tal bei Vorderriß. Das ähnelt einer riesigen Wanne: Unten schlängelt sich die Isar durch weite Kiesbänke, an den Seiten ragen bewaldete Felswände empor. Prinzregent Luitpold von Bayern hatte in diesem Gebiet sein Jagdrevier und soll eine der Gumpen - ein von Gebirgsbächen erodiertes Wasserbecken - zum einsamen Baden im Fels genutzt haben. Mit dem Alleinsein ist es heutzutage vorbei. Eine Piratenflagge steckt am Ufer, ein Nacktbader liegt auf dem Kies, in der Ferne leuchtet ein Zelt. Plötzlich knattert im Tiefflug ein Hubschrauber der Bundeswehr über das Prinzregentenbad. "Die sind auch noch dabei", sagt Fischer.

Aber die Soldaten gehören nicht zu seiner Klientel. Dazu zählt zum Beispiel ein Wohnmobilfahrer, der keine Muskelkraft scheute, um einen großen Felsbrocken auf die Seite zu wälzen, damit er mit seinem Caravan von der Mautstraße an der Oberen Isar über einen halb bewachsenen Schotterweg hinunter zum Fluss rumpeln konnte. Die Ausflügler, die meist aus dem Großraum München in das Naturschutzgebiet kommen, suchen vor allem eines: Einsamkeit. Das macht die Aufgabe für den Isar-Ranger kompliziert. Leute, die verbotenerweise übernachten, muss er oft in den abgeschiedensten Ecken des Territoriums aufspüren. Ein beliebtes Ziel sind irgendwo im Wald die vielen Gumpen, wie sie auch der Prinzregent mochte. Eine davon befindet sich am Staffelgraben. Einmal, erzählt Fischer, hatte ein Camper dort sogar eine Hängematte zwischen zwei Bäumen aufspannt. Ein anderes Mal bemerkte er unweit der Geschiebesperre der Isar ein Wohnmobil, ein paar Meter davon lag ein Mann im Gras. Weil er schnarchte, hatten ihn seine Mitausflügler ausquartiert. Und er erzählt von dem Wildnis-Pädagogen, der mit seiner Gruppe eine nächtliche Kerzenwanderung unternahm, trotz strohtrockenen Waldbodens. Gegen die fällige Geldbuße zog der uneinsichtige Mann vor Gericht. Das sind aber nicht die krassen Fälle. An der Wasserwacht-Station am Sylvensteinsee hat die Gemeinde Lenggries den einzig legalen Grillplatz mit mehreren Feuerstellen eingerichtet. Eines Tages verschwand dort der Balkon am Holzbau der Wasserretter, einige Partygäste hatten die Balken mangels Feuerholz kurzerhand abmontiert und verheizt. Andernorts wollten Betrunkene nach übermäßigem Wodka-Genuss mit Messern aufeinander losgehen, "sie waren sehr aggressiv". Damals musste Fischer die Polizei zu Hilfe rufen.

Leicht hat es der Isar-Ranger nur, wenn Besucher ihr Fahrzeug zwischen 22 und 6 Uhr im Landschafts- und Naturschutzgebiet abstellen und so gegen das Nachtparkverbot verstoßen. Dann braucht er bloß das Kennzeichen zu fotografieren. Viel schwerer fallen ihm die Ermittlungen bei den Grillplätzen, die er zu Hunderten findet. Am 5. Juli, einem Sonntag, gab Fischer seine Kontrollen sogar ganz auf. Damals stand bereits am Sylvensteinsee ein Fahrzeug hinter dem anderen. "Schon in aller Frühe zogen Rauchschwaden über den See, überall hat es nach Grillkohle gestunken."

© SZ vom 29.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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