Lenggries:Pflegefall Pflegeheim

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Das ehemalige Krankenhaus ist sanierungsbedürftig. Landrat Josef Niedermaier würde es gern loswerden. Bei seinem Stellvertreter, Bürgermeister Werner Weindl, beißt er damit auf Granit.

Von Suse Bucher-Pinell

Mit einer Auslastung von 97 Prozent gehört das Lenggrieser Pflegeheim zu den beliebtesten Häusern im Kreis. (Foto: Manfred Neubauer)

Einst Krankenhaus, jetzt Pflegeheim, möglicherweise bald Abriss? Das Kreispflegeheim in Lenggries ist zwar in seinem Bestand nicht gefährdet, die 57 vollstationären Plätze sind auch zukünftig im seniorenpolitischen Gesamtkonzept des Landkreises fest eingerechnet. Sorgen bereitet vielmehr das in Teilen 133 Jahre alte Gebäude. Es ist sanierungsbedürftig und muss an heutige Standards in der Pflege angepasst werden. Das aber lassen Bausubstanz und Grundriss nicht zu. Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) sähe es deshalb am liebsten, wenn ein neues Heim gebaut wird, das dann aber nicht mehr der Landkreis betreibt. Werner Weindl (CSU), Lenggrieser Bürgermeister und Niedermaiers Stellvertreter, kontert: Neubau ja, aber nur unter unveränderter Trägerschaft. "Der Landkreis muss das Pflegeheim weiterentwickeln und weiterbetreiben", daran gibt es für ihn nichts zu rütteln. Die Zeit drängt. Bis zum Jahr 2016 lässt das Pflege-Qualitätssicherungsgesetz noch Kompromisse zu, in Ausnahmefällen auch bis 2036. Doch da sagt selbst Weindl: "So lange ist das Haus im jetzigen Zustand nicht zu betreiben."

Das Lenggrieser Pflegeheim, mitten im Ort an der Karwendelstraße gelegen, ist das einzige, das der Landkreis betreibt. Zusammen mit dem Seniorenwohn- und pflegeheim in Schlehdorf, hinter dem ein Zweckverband der Gemeinden Schlehdorf und Großweil steht, sind es die beiden einzigen zwischen Icking und der Jachenau in kommunaler Trägerschaft. Alle übrigen 13 Heime werden von Hilfsorganisationen wie ASB, BRK oder Caritas, Stiftungen oder privaten Gesellschaften betrieben. Für Landrat Josef Niedermaier ist das auch richtig so. "Der Betrieb eines Pflegeheims ist nicht ureigenste Aufgabe des Landkreises", sagte er. Noch zudem, wenn es jährlich Defizite einfährt, die sich in Lenggries zwischen 50 000 bis 100 000 Euro bewegen. Sie muss die Kreisklinik Wolfratshausen ausgleichen, die das Haus seit Mitte der 1990er Jahre als Nebenbetrieb führt. Die Verträge mit dem Landkreis indes sind noch um einiges älter. Im Jahr 1975, als die Gemeinde Lenggries ihr Krankenhaus schloss, verpachtete sie Gebäude und Grund dem Landkreis zur Nutzung als Pflegeheim. Seitdem wurde es mehrfach umgebaut und erweitert. Mit einer durchschnittlichen Auslastung von 97 Prozent gehört es zu den beliebtesten Häusern im Landkreis. "Sein Ruf ist gut, die Lage mitten im Dorf optimal", betont Niedermaier. Weindl lobt außerdem das gute Personal dort. Das Heim gehört zu denen, die den Werdenfelser Weg anwenden, eine Pflegekultur, die auf Fixierung der Pflegebedürftigen möglichst verzichtet.

Dass das Gebäude nicht mehr zeitgemäß ist, in den Zimmern Nasszellen fehlen, Therapieräume nicht ausreichend vorhanden sind, sich Arbeitsabläufe kreuzen, die sich nicht nach den Vorschriften nicht kreuzen dürfen, all das wissen Niedermaier wie Weindl. Wegreißen und was Neues bauen wäre das Beste, da sind sich beide einig. Direkt neben dem bestehenden Gebäude hat die Gemeinde bereits einen Hektar Grund gekauft, groß genug für einen größeren und wirtschaftlicher zu betreibenden Neubau, in den die Bewohner dann umziehen könnten, ehe das alte Haus abgerissen würde. Doch wer soll bauen? Der Landkreis jedenfalls nicht, sagt Niedermaier und spricht von einem zweistelligen Millionenbetrag, der aufzubringen wäre. In Zeiten des Schuldenabbaus stehe diese Investition für ihn nicht zur Diskussion. Er lenkt den Blick auf die Gemeinde. "Sie hat den Schlüssel in der Hand", sagt er. Sie könne auf ihrem Grundstück selbst investieren oder es einem privaten Investor zur Verfügung stellen. Damit beißt er jedoch bei Weindl auf Granit. "Lenggries hat kein Interesse zu investieren", sagt der. Einen privaten Investor zu suchen lehne er ebenso ab. Der Landkreis gebe zu recht Millionen für Kinder aus, er solle das auch für Ältere tun, meint er und erinnert auch an das jüngste Ringen um ein neues, interkommunales Hallenbad in Geretsried, an dessen Betriebskosten sich der Landkreis durch Bezahlung der Schulschwimmstunden finanziell beteiligen werde.

Für Niedermaier indes ist eines klar: "Der Landkreis darf keine Defizite ausgleichen, gleich zweimal nicht, wenn es wie beim Pflegeheim um eine Einrichtungen geht, die im Wettbewerb steht." Das sei per Gesetz verboten. Ein regelmäßiger Defizitausgleich könne auf längere Sicht auch die Kreisklinik gefährden, warnt er. Mit seinem Vorschlag wolle er vielmehr die Diskussion um die Zukunft des Pflegeheims anstoßen. "Wir müssen uns überlegen, was wir machen. Eigentlich haben wir keine Zeit mehr."

© SZ vom 24.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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