Lehrermangel an Schulen:"Wir kämpfen, um die Grundversorgung sicher zu stellen"

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Schulamtsleiter Nobert Weinhuber sorgt sich um die Qualität des Unterrichts. Dass das Ministerium die Schülerzahlen zu niedrig angesetzt hat, erscheint ihm schleierhaft.

Ingrid Hügenell

Die bayerischen Schulräte haben sich in einem Brandbrief an Kultusminister Ludwig Spaenle gewandt, und auf "die extrem schwierige Situation" an den Grund- und Mittelschulen hingewiesen. Für diese wird es nach ihrer Befürchtung im kommenden Schuljahr viel zu wenige Lehrer geben. Der Tölzer Schulamtsdirektor Norbert Weinhuber kann dem nur zustimmen.

Schulamtsleiter Norbert Weinhuber sorgt sich um die Qualität des Unterrichts. (Foto: Manfred Neubauer)

Weinhuber: Ich schau' jeden Tag in den Computer, ob wir schon genug Lehrer haben - deshalb rufen Sie doch an, oder?

SZ: Ja, wegen des Brandbriefs, den Jürgen Eusemann vom Schulräteverband dem Kultusminister geschrieben hat.

Den Brief kenn' ich natürlich auch.

Haben Sie ihn unterschrieben?

Nein, der war ohne Unterschriften. Der Eusemann hat schon Recht, aber er hat sich sehr vorsichtig ausgedrückt.

Wie hätten Sie es denn formuliert?

Ich hätte es gesagt, wie es ist: Dass wir kämpfen, um die Grundversorgung sicher zu stellen. Wir müssen an den Grund- und Mittelschulen alles an Zusatzangeboten wie Computerkurse oder Förderstunden streichen, alles, was den Schulen ein eigenes Profil gäbe, um wenigstens die Pflichtstunden sicher stellen zu können.

Klappt das?

Das Schulamt hat dafür Sorge zu tragen, dass jede Schule mit Lehrern versorgt ist. Das Budget, das uns zusteht, ist um 70 Lehrerstunden gekürzt worden. Aber es gibt nicht weniger Klassen. Wir müssen keine Klassen zusammenlegen, aber wir müssen Tandems bilden aus zwei Lehrern, die nicht Vollzeit arbeiten, die dann zusammen eine Klasse leiten.

Das Ministerium hat die Schülerzahlen für das kommende Schuljahr zu niedrig geschätzt.

Drei Tage vor Schuljahresende ist uns Schulräten gesagt worden, dass die Prognose nicht stimmt. Die Zahlen für die Mittelschule sind vor zwei Jahren um 14 000 Schüler zu niedrig angesetzt worden. Deshalb sind jetzt die Lehrerstellen nicht da. Das erscheint uns sehr seltsam, denn die Schüler sind ja geboren worden.

Wie meinen Sie das?

Die müssen für die Realschulen und Gymnasien prognostiziert worden sein, denn sie sind ja nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Das Geld für die Lehrer muss auch irgendwo da sein, das können Sie sich ja an den zehn Fingern abzählen. Da kann irgendwas nicht stimmen.

Was machen Sie konkret?

Wir warten, bis wir die Lehrer haben, und dann schauen wir, wie wir hinkommen. Es ist ja jedes Jahr spannend, aber jetzt sind wir eben noch gekürzt worden. 70 Stunden, das entspricht etwa drei Lehrern.

Die Lehrer gibt es doch aber?

Ja, die stehen auf der Straße. Von den acht Prüflingen, die wir heuer im Landkreis hatten, wissen wir nur von dreien, dass sie eine Stelle haben. Grundschullehrer mit einer Note bis 2,13 bekommen einen befristeten Arbeitsvertrag, die bis 2,07 einen unbefristeten, und verbeamtet werden nur die, die besser waren als 2,04. An der Mittelschule bekommen Lehrer bis zur Note 2,66 nur einen befristeten Zweidrittel-Vertrag.

© SZ vom 13.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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