Landtagswahlkampf:Mehr Wohnraum auf Stelzen

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Diskutierten in Lenggries (v.l.n.r.): Franziska Baumann, Tobias Raphelt, Reiner Berchtold, Verena Schmidt-Völlmecke, Florian Pronold und Robert Kühn. (Foto: Manfred Neubauer)

In Lenggries diskutiert der SPD-Staatssekretär Florian Pronold mit Landtagskandidaten und Kreispolitikern über steigende Mietpreise und mangelnde Baugrundstücke. Seine Forderung: Verdichtung und Nutzungsmischungen

Von Benjamin Emonts, Lenggries

Der Wahlkampf geht in die heiße Phase, und die SPD im Landkreis widmet sich verstärkt einem Thema, das Menschen in ganz Bayern betrifft: die Wohnungsnot. Wie lässt sich bezahlbarer Wohnraum schaffen? Diese Frage will bei einem Pressegespräch im Lenggrieser Ratskeller allen voran der Staatssekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Bau, Florian Pronold, beantworten. Seine Ideen sind vielfältig. Pronold kommt beispielsweise in den Sinn, Wohnungen auf Stelzen über Parkplätzen zu errichten.

Dem Thema "bezahlbarer Wohnraum" widmet sich die SPD in ihrem Wahlkampf besonders intensiv. Schließlich, so betont die Landtagskandidatin Verena Schmidt-Völlmecke, habe, gemäß Verfassung, jeder Bürger das Anrecht auf eine bezahlbare Unterkunft. In der Realität sehe das aber oft anders aus, erklärt nicht nur der Landtagskandidat Robert Kühn. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt in ganz Bayern sei "dramatisch", eröffnet Staatssekretär Pronold. Auch auf dem Land würden die Mieten immer weiter steigen, beklagt er, eine Verkäuferin beispielsweise könne sich kaum noch eine Wohnung leisten. "Der Freistaat hat über Jahre hinweg geschlafen", übt Pronold Kritik an der regierungsbildenden CSU. Mietpreise zwischen 15 und 16 Euro pro Quadratmeter könne eine normale Familie nicht stemmen.

Doch was lässt sich dagegen tun? "Wir brauchen einen guten Mix aus Baugenossenschaften, kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und Privatinvestoren", fordert Pronold. Er regt speziell zur Gründung von Kreisbaugenossenschaften an. Der SPD-Kreisrat Reiner Berchtold ist der Ansicht, dass die vorhandenen Baugenossenschaften im Landkreis bereits hervorragende Arbeit leisteten und gut vernetzt seien. Er glaubt, dass sie die Arbeit einer Kreisbaugenossenschaft erledigen könnten. Man müsse lediglich die interkommunale Zusammenarbeit forcieren. Die Wohnsituation im Norden des Landkreises hält Berchtold generell für entspannter als im Süden. Allein in Geretsried gebe es 1200 Sozialwohnungen, sagt er. In Lenggries waren es zum Vergleich lediglich 113 im Jahr 2016, in Bad Tölz gar weniger als 100.

Doch wie lässt sich der bezahlbare Wohnraum schaffen? "Wir müssen intelligent nachverdichten", fordert Pronold. Als Orte der Nachverdichtung hat er insbesondere Gewerbegebiete ausgemacht. Im Mai 2017 wurde die Kategorie "Urbanes Gebiet" in die Baunutzungsverordnung eingeführt, um in städtischen Lagen eine höhere bauliche Dichte und Nutzungsmischung zu ermöglichen. Sie solle man in Anspruch nehmen, findet Pronold. Ihm schwebt vor, auf eingeschossigen Supermärkten Wohneinheiten in Holzbauweise zu errichten. Außerdem hat er die Idee, auf Stelzen Wohnungen über bestehenden Parkplätzen zu bauen, wie am Münchner Dantebad geschehen. Auf diese Weise könne bereits vorhandener Grund genutzt und gleichzeitig 95 bis 98 Prozent der Parkplätze erhalten bleiben. "Das ist auch in kleinen Ortschaften möglich", sagt Pronold.

Der Staatssekretär regt außerdem Tauschgeschäfte mit Immobilien an, etwa zwischen jungen Familien und älteren Menschen, die alleinstehen und zu viel Platz haben. Da sich letztere ohnehin immer weniger Einfamilienhäuser mit Garten leisten könnten, fordert Pronold, vermehrt auf "intelligenten barrierefreien, Geschosswohnungsbau" zu setzen. Das sogenannte Baukindergeld könnte genutzt werden, um Ortskerne zu stabilisieren, die zunehmend ausbluteten. Damit einher könnte nach seiner Vorstellung ein Projekt "Jung kauft Alt" gehen. Man biete als Kommune eine Beratung für junge Familien an und sage ihnen, welche Objekte es im Ort gibt, welche demnächst frei werden und was es kosten würde, ein bestehendes Gebäude herzurichten. Das sei dann mit einem Zuschuss pro Kind zu koppeln. "Kommunen, die unter Wegzug leiden, haben damit große Erfolge erzielt", sagt Pronold.

Als maßgebliche Probleme des Wohnungsmarkts macht der Staatssekretär hohe Grundstückspreise und zu strenge Stellplatzsatzungen aus. Die gesetzliche Vorgabe von 1,5 Stellplätzen pro Sozialwohnung sei zu hoch, findet er. Am Ende gingen schließlich 20 bis 25 Prozent der Wohnkosten auf die Stellplätze etwa in Tiefgaragen zurück. Man könne die Satzung entschärfen, findet Pronold. Stattdessen müsse man Car-Sharing fördern und den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) weiter ausbauen.

© SZ vom 13.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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