Landgericht München II:Mehrfach Geld veruntreut

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Eine ehemalige Angestellte einer Postagentur steht vor Gericht, weil sie 3300 Euro unterschlagen haben soll - und möglicherweise noch viel mehr.

Andreas Salch

Ihrem Rauswurf kam Hildegard H. ( Name von der Redaktion geändert) zuvor. Sie kündigte von sich aus, als ihr Chef ihr eines Tages vorhielt, dass 16 Euro zu wenig in der Kasse seien und er sie für den Fehlbetrag verantwortlich machte. Die 48-jährige Eglingerin arbeitete als Aushilfe bei einem Einzelhändler, der auch eine Postagentur im nördlichen Landkreis betreibt. Vielleicht wäre die Angelegenheit schnell vergessen gewesen, wenn es nur bei den 16 Euro geblieben wäre.

Mit dem unterschlagenen Geld soll Hildegard H. ihre Alkoholsucht finanziert haben. (Foto: dpa)

Doch das war nicht der Fall. H.s Chef rechnete nach und stellte fest, dass, während er im Urlaub war, knapp 3300 Euro aus dem Geschäft mit der Postagentur nicht abgerechnet worden waren. Für das Amtsgericht Wolfratshausen bestand keinerlei Zweifel daran, dass Hildegard H. in drei Fällen Geld aus der Kasse für sich abgezweigt hatte. Sie wurde wegen Untreue zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Am Montag legte sie vor dem Landgericht München II Berufung gegen dieses Entscheidung ein. Wie das Geld verschwunden sei, könne sie sich bis heute nicht erklären, versicherte die 48-Jährige Richter Oliver Ottmann.

Dass Hildegard H. schwer alkoholkrank ist, sieht man ihr nicht an. Sie ist gepflegt und modisch gekleidet. Doch sie hat Leberzirrhose und räumte bei ihrer Vernehmung unumwunden ein, dass sie schon "kurz vor dem Abkratzen" gestanden habe. Um ihre Sucht finanzieren zu können, muss sie viel Geld ausgegeben haben. Bis zu fünf Flaschen Wein habe sie täglich getrunken. Wie sie das finanziert habe, wollte Richter Ottmann wissen. "Es ging irgendwie immer", entgegnete die Eglingerin.

Vermutlich aber nicht auf legalem Wege. Denn inzwischen wird gegen Hildegard H. erneut wegen Untreue ermittelt. Auch in diesem Fall soll sie als Mitarbeiterin einer Postagentur Geld unterschlagen haben. Und zwar 20 000 Euro. Auf die Frage des Richters, wie sie zu diesem Vorwurf stehe, sagte die Angeklagte, dass nicht sie, sondern wohl ihr Arbeitgeber das Geld an sich genommen habe.

Überzeugen konnte die 48-Jährige mit dieser Erklärung nicht. Dennoch einigten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung darauf, dass die vom Amtsgericht Wolfratshausen verhängte Strafe auf sechs Monate verringert werden könnte. Allerdings nur für den Fall, dass die Angeklagte ihre Berufung zumindest teilweise zurück nimmt. Hildegard H. ließ sich darauf ein.

Somit besteht zumindest theoretisch die Chance, dass sie bei einer möglichen Verurteilung, die ihr in dem neuerlichen Verfahren wegen Unterschlagung droht, noch einmal zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wird. Denn dann wird das Gericht eine Gesamtstrafe bilden, also beide Strafen zusammenfassen. Angesichts der Höhe des Betrages von 20 000 Euro, den Hildegard H. veruntreut haben soll, ist es jedoch fraglich, ob sie einer Haftstrafe wird entgehen können. Am Ende der Verhandlung am Montag gab sie zu Protokoll: "Ich bin unschuldig."

© SZ vom 10.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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