Kurs und Konzert in Benediktbeuern:Gut gestimmte Meister

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Bei Markus Kreul studieren junge Musikerinnen und Musiker in entspannter Atmosphäre Instrumental- und Gesangsstücke ein. Das Abschlusskonzert am Samstag ist für alle offen

Von Paul Schäufele, Benediktbeuern

Hier wird viel gelacht. Das ist keine Selbstverständlichkeit, und jeder, der schon einmal einen "Meisterkurs" besucht hat, wird es bestätigen können. Dass dieses altehrwürdige Format, Kaderschmiede des musikalischen Nachwuchses, im Allianzsaal des Klosters Benediktbeuern so frisch, offen und lebendig wirkt, liegt vor allem an Markus Kreul. Mit Humor und Gelassenheit schafft er eine Atmosphäre, in der die jungen Künstlerinnen und Künstler intensiv, aber ohne Druck an den vorbereiteten Stücken feilen.

Meisterkurs oder Master class, das klingt nach Drill und Zucht, nach Hierarchie und nach dem Alten Meister, der im Rücken des Schülers steht, das Lineal in der Hand und nur auf den Fehler wartend. Kreul, der dieses Jahr zum achten Mal seine Kenntnisse an interessierte Musizierende weitergibt, hat während seiner Ausbildung selbst Erfahrung mit Meisterkursen gemacht - nicht nur positive. Sie spielten sich typischerweise zwischen Auswahl und Ausgestelltsein ab, denn dem eigentlichen Kurs (im Grunde eine Konzertsituation mit anschließender Sofort-Kritik) ging ein Selektionsverfahren voraus. Das wollte Kreul anders machen. "Musik ist kein Tribunal", sagt der Dozent für Liedbegleitung und Liedgestaltung am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg. Als er zur Organisation eines Familienkonzerts nach Benediktbeuern eingeladen wurde, kam die Idee, hier einen Workshop abzuhalten. Räume waren vorhanden - Unterrichtsraum, Konzertsaal, Zimmer mit Übe-Klavieren, Unterkünfte - sodass dem Unternehmen nichts im Wege stand.

Liedergestaltung am Klavier. (Foto: Manfred Neubauer)

Jedes Jahr kommen zwölf Teilnehmer in den Allianzsaal mit den rohen Holzbalken, der sonst für Konferenzen und Tagungen genutzt wird. Die Gruppe könnte kaum vielfältiger sein. Instrumentalisten und Sänger zwischen elf und 30 Jahren kommen da unter ein Dach, die meisten von ihnen professionelle Musiker und Musikstudierende, vereinzelt auch engagierte Laien. Einige von ihnen sind nicht zum ersten Mal dabei, so etwa Isabella Kania und Lisa Riepl. Die beiden lernten sich vor zwei Jahren beim Kreul-Kurs kennen, blieben in Kontakt und treten nun zum dritten Mal gemeinsam in Benediktbeuern auf.

Auf dem Programm steht ein Stück von Maria Elisabeth von Sachsen-Meiningen: ihre Romanze F-Dur, ein gediegen romantisches Stück. Kania, die aus Lenggries kommt und in Österreich Klavier studiert, und Riepl, deren Hauptfach Klarinette ist, spielen das Stück etwa bis zum Mittelteil, dann hakt Kreul ein: "Ich habe mir ein paar Sachen angestrichen, aber nur mit Bleistift ..." Die Detailarbeit beginnt, hier wird ein unwillkürlich entstandener Akzent geglättet, da die Phrasierung erweitert, die Klarinettistin wird nach ihrer Atmung gefragt. Hauptsache, die Musik bleibt fließend. Dazu genügt die reine Arbeit am Notentext nicht, es gehört auch eine bewegliche und freie Körperhaltung dazu und die Stimmung, die Atmosphäre in der musiziert wird.

Lisa Riepl ist schon zum zweiten Mal dabei. Und Benediktbeuern lieben die Teilnehmer ohnehin. (Foto: Manfred Neubauer)

Unterricht im eigentlichen Sinn des Wortes ist das nicht, es geht Kreul nicht um bloße Informationsweitergabe. Man erarbeitet gemeinsam, man diskutiert, der Dozent möchte dazu Impulse geben. Häufig hört man Fragen wie "Hier ist eine Reprise. Was könnte sich da verändert haben?" oder "Es soll nicht vorhersehbar klingen, am besten so, als würdest du die Intervalle in diesem Moment erfinden." Die Interpretation wird nicht vorgegeben, sondern ermittelt. Das kann auch Teamarbeit sein. In der Arbeit an dem Piazzolla-Stück "Oblivion" in der Besetzung für Klaviertrio (hier: Franz, Anton und Georg Bruder) etwa geht es an einer Stelle um Lautstärke. Der Cellist fragt: "Soll ich da dynamisch mehr Unterschied machen?" Der Geiger sagt: "Ja, ich finde schon." Kreul bestätigt: "Klar, ich bin immer für mehr."

Diese Art der musikpädagogischen Praxis kommt an. Da fällt es den Teilnehmern kaum auf, wie knapp bemessen die jeweils halbstündigen Unterrichtseinheiten sind. "Herr Kreul nimmt sich wirklich Zeit für die Schüler und geht individuell auf sie ein, auch wenn es mal länger dauert", sagt Isabella Kania. Lisa Riepl ergänzt: "Das ist viel Input, den man erst verarbeiten muss." Das lässt sich in der Beschaulichkeit der Klosteranlage sicher aufs angenehmste bewältigen. Für die Woche des Meisterkurses seien sie wie in einer anderen Sphäre, sagen die Teilnehmerinnen. Sie verraten außerdem: Das inoffizielle Motto des Kurses lautet "Wir lieben Benediktbeuern". Die Gruppe, die hier eine Woche lang gemeinsam isst, wohnt und musiziert, bleibt auch über den Kurs hinaus in Verbindung, und nicht nur, wenn es darum geht, das Programm fürs nächste Jahr abzusprechen. Auch unabhängig vom Kurs hat Kreul (ehemalige) Teilnehmer schon zu Konzertauftritten eingeladen.

Ob am Klavier,an Geige, Cello oderKlarinette: Wer bei Markus Kreul einen Meisterkurs besucht, kann sicher sein, dass etwas gemeinsam erarbeitet wird. (Foto: Manfred Neubauer)

Denn darum geht es ja, bei allem Spaß am Ausprobieren: Am Ende soll das Publikum hören, zu welchen Ideen, zu welcher Interpretation der Kurs die musikalischen Benediktbeuern-Fans angeregt hat. Im Schlusskonzert sind Werke von Haydn bis Bernstein in unterschiedlichen Besetzungen zu hören sein. Damit zeigt der Kurs aufs Neue, dass Spitzenleistungen auch in einer offenen, freundlichen Atmosphäre erreicht werden können.

Meisterkurs-Abschlusskonzert: Samstag, 31. August, 19.30 Uhr, Kloster Benediktbeuern, Barocksaal, Eintritt frei, Spenden willkommen

© SZ vom 29.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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