Kreispolitik in Bad Tölz-Wolfratshausen:Misstöne und Einigkeit

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Der Geretsrieder Larry Terwey hat sein Kreistagsmandat für die Freien Demokraten zurückgezogen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Dass der FDP-Vertreter Lorenz Terwey sein Kreistagsmandat zurückgibt, stößt bei der CSU auf Kritik, hat aber gesundheitliche Gründe. Die Kreis-Ausschüsse hingegen werden allesamt mit einstimmiger Billigung besetzt

Von Petra Schneider, Bad Tölz-Wolfratshausen

Die zweite Sitzung des neuen Kreistags, der am Montag aufgrund der Corona-Pandemie in der Wolfratshauser Loisachhalle zusammengekommen ist, hat mit Misstönen begonnen: CSU-Fraktionssprecher Martin Bachhuber äußerte sich verärgert über Lorenz Terwey (FDP), der sein Mandat mit Wirkung vom 6. Mai aus persönlichen Gründen zurückgab. In seiner Familie gebe es eine schwere Erkrankung, begründete der Geretsrieder Terwey seinen Rücktritt auf Nachfrage, die Situation habe sich verschlechtert. Seinen Sitz im Kreistag übernimmt nun Edmund Häner, der als zweiter Nachrücker für die FDP am Montag von Landrat Josef Niedermaier (Freie Wählergemeinschaft, kurz FW) vereidigt wurde. Günther Fuhrmann, der eigentlich für Terwey im Kreistag nachrücken sollte, hatte ebenfalls abgesagt. Als Grund nannte er die Corona-Pandemie: "Ich werde 76 und gehe nicht mehr auf Versammlungen, wo viele Menschen sind."

Dass Larry Terwey, der in Geretsried als Bürgermeisterkandidat angetreten war und in den Stadtrat gewählt wurde, sein Kreistagsmandat zurückgezogen hat, habe bei der CSU-Fraktion und bei ihm persönlich "sehr starkes Befremden" ausgelöst, sagte Bachhuber. Er werde dem Rücktritt Terweys jedenfalls nicht zustimmen. 16 Kreisräte, Überwiegend aus der CSU-Fraktion, lehnten das Rücktrittsgesuch ab, 45 billigten es.

Die FDP, die mit dem 45-jährigen selbständigen Unternehmensberater Häner einen Vertreter im Kreistag hat, bildet mit ÖDP, Freien Unabhängigen Wählern (FUW) und der Bayernpartei eine Ausschussgemeinschaft.

Große Einigkeit herrschte am Montag bei der Besetzung der Ausschüsse, die allesamt einstimmig gebilligt wurden. Auch über den achtköpfigen Ausschuss für Jugend und Familie, in dem die SPD nicht vertreten ist, wurde am Montag nicht diskutiert.

Bei der konstituierenden Sitzung Anfang Mai sah das noch anders aus: Die Ausschussgemeinschaft aus SPD und Linkspartei wollte sich nicht so einfach damit abfinden, dass sie in den kleineren Gremien, wie dem Jugendausschuss, nicht vertreten ist, weil die Sitze nach dem in der Kreisverwaltung bevorzugten Hare-Niemeyer-Verfahren verteilt werden. SPD und Linke stimmten gegen die Geschäftsordnung und kündigten eine rechtliche Überprüfung an. Wie SPD-Kreisvorsitzender Wolfgang Werner am Montag auf Nachfrage erklärte, laufe die Prüfung noch. Weitergehende Schritte werden aber offenbar nicht erwogen.

Man könne mit der Situation leben, weil mit Fritz Meixner ein SPD-Kreisrat in das sechsköpfige Jugendhilfegremium gewählt wurde, das mit Vertretern der freien Jugendhilfe besetzt ist und den Landkreis berät. Meixner ist Geschäftsführer des Wolfratshauser Kinder- und Jugendfördervereins. "Über diese Schiene haben wir jetzt einen SPD-Vertreter im Bereich Jugend", sagte Werner.

Im Ausschuss für Jugend und Familie hat die CSU nun drei Sitze, Freie Wähler und Grüne jeweils zwei und die Ausschussgemeinschaft ÖDP/FUW/FDP/BP einen Sitz. In allen anderen Kreisausschüssen ist die Ausschussgemeinschaft SPD/Linke vertreten, weil diese jeweils mit zwölf Mitgliedern besetzt sind.

Die Sitzung am Montag endete mit einer Anfrage von Neumitglied Jakob Koch (Grüne). "Ich als europäisch denkender Mensch bin erschrocken über die Zustände in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln", sagte Koch. Er wolle wissen, ob es im Landkreis freie Plätze in den Flüchtlingsunterkünften gebe, um Menschen aufnehmen zu können und "ein Mindestmaß an Menschlichkeit zu zeigen." Landrat Josef Niedermaier (FW) äußerte Verständnis, erteilte dem Anliegen des jungen Grünen aber eine Absage. "Uns alle bewegt dieses Thema", sagte Niedermaier. Außenpolitik liege aber nicht in der Zuständigkeit eines Kreistags. Selbst wenn sich Jugendhilfeeinrichtungen im Landkreis bereit erklären würden, Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen, dürfe der Kreistag einen solchen Beschluss nicht fassen. Das sei Sache der Bundesregierung.

Zudem bleibe die Frage der Finanzierung einer solchen Aktion. "Wir streiten heute noch über die Ersetzung der Kosten für die Asylunterbringung", sagte der Landrat.

© SZ vom 27.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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