Konzertreihe am See:"Man musiziert unter Freunden"

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Die Holzhauser Musiktage präsentieren wieder an ungewöhnlichen Stätten renommierte Musiker. Die künstlerische Leiterin und Geigerin Anne Solveig Weber hebt die Nähe von Künstlern und Publikum hervor

Von Paul Schäufele, Münsing

Natürlich schadet es nicht, einer schönen Aufnahme im heimischen Ohrensessel zu lauschen. Doch ein wichtiger Aspekt der Musik geht dabei verloren: Sie entsteht in einem bestimmten Moment, in einem bestimmten Raum. Dass das nicht immer der Konzertsaal sein muss, beweisen Festivals wie die Holzhauser Musiktage. In fünf Konzerten zwischen dem 6. Juli und 21. Juli erklingt hier exquisite Musik, gespielt von handverlesenen Interpreten, an Orten, die ursprünglich nicht als Bühnen der Hochkultur entworfen worden sind.

So wird für die Hörerinnen und Hörer, die sich am Samstag, 6. Juli, in die Loth-Hof-Tenne Münsing begeben, die Scheune zum Opernhaus. Nikola Hillebrand, als Sopranistin unter anderem mit den Bühnen Glyndebournes und Münchens vertraut, wird gemeinsam mit dem Bariton Nikola Diskić (wie sie Ensemblemitglied des Nationaltheaters Mannheim) Opernjuwelen aus Mozarts Opere buffe halbszenisch aufführen. Johannes Umbreit verwandelt dazu das Klavier in ein Orchester. Kurz darauf, am Freitag, 12. Juli, wird sich die Wandlungsfähigkeit der Tenne zeigen. Der Raum, wenige Tage zuvor Mozart-Spielstätte, wird zum Kammermusiksaal. Von 20 Uhr an präsentieren drei junge Spitzenmusiker Musik für Geige, Cello und Klavier. Als Trio treten Veronika Eberle (unter anderem Trägerin des Kulturpreises Bayern), Julian Steckel (Gewinner des ARD-Musikwettbewerbs 2010) und William Youn (Finalist des Busoni-Wettbewerbs) mit Werken der russischen Romantiker Rachmaninow und Tschaikowsky auf. Dazwischen werden Messiaens ingeniöse Violin-Variationen und Debussys Cello-Sonate zu hören sein.

Was bewegt junge Weltklassekünstler, von den Konzertpodien der Metropolen aufs Land zu fahren? Entscheidend sind die außergewöhnlichen Bedingungen, unter denen hier musiziert wird. In den Spielstätten um den Starnberger See herrsche eine "warme, herzliche Atmosphäre", sagt Anne Solveig Weber. Die renommierte Geigerin stieg im vergangenen Jahr in die künstlerische Leitung des Festivals ein und erkennt aus Musikerperspektive deutliche Unterschiede zum Konzerterlebnis im großen Saal: "Bei uns gibt es keine Kluft, man ist hier umrundet vom Publikum, ganz nahe dran." Das spüre man auch in den Pausen, die bei entspannten Unterhaltungen an den Sommerabenden auch etwas länger ausfallen können. Dieselbe Nähe und Vertrautheit spielt schon eine Rolle bei der Zusammenstellung des Programms und der Auswahl der Künstlerinnen und Künstler: "Das sind Leute mit Bezug zu uns, zur Region, man musiziert unter Freunden."

Und so ist das Konzert, an dem Weber selbst teilnehmen wird, auch "Entre amis" betitelt. Am Mittwoch, 17. Juli, wird die Loth-Hof-Tenne von 20 Uhr an von den Klängen eines Streichsextetts erfüllt. Unter den allesamt preisgekrönten Musikern befindet sich mit Maximilian Hornung einer der gesuchtesten Cellisten seiner Generation. Das Publikum darf sich auf Brahms' gleichermaßen intimes wie leidenschaftliches Sextett G-Dur freuen; und mit Tschaikowskys "Souvenir de Florence" hält die Toskana Einzug ins sommerliche Münsing.

Dass zur Vorbereitung aufs Singen auch körperliche Übungen gehören, demonstriert Dozentin Susanne Kelling. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Die Künstler, die sonst in den ganz großen Zyklen zu hören sind, kommen gerne zu uns." Wohl auf keinen anderen der diesjährigen Interpreten trifft der Satz von Anne Weber so präzise zu wie auf Nikolai Lugansky. Der russische Pianist, spätestens seit seinem Sieg beim Tschaikowsky-Wettbewerb einer der international gefragtesten Musiker unserer Zeit, kommt nicht zum ersten Mal zu den Holzhauser Musiktagen. Sein Klavierabend findet am Samstag, 20. Juli, von 19 Uhr an auf Gut Ried in Ammerland statt. Gut möglich, dass sich zwischen die Musik Chopins, Scriabins oder Rachmaninows ein vereinzeltes Wiehern mischt. Die Konzertkulisse gehört zum Gestüt, und die Geräusche musikaffiner Vierbeiner tragen zum Erlebnis bei. Dabei ist schon der Ort an sich sehenswert, ein echtes "Luxus-Gestüt", so Weber, dessen Charme sich ein Publikum schwer entziehen könne. Luganskys spektakuläres Klavierspiel trifft auf ländlich-schöne Architektur.

Dass die Jugendförderung einen hohen Stellenwert bei den Holzhauser Musiktagen hat, liegt in ihrer Geschichte. Vor etwa 40 Jahren war der Vollblut-Musikpädagoge Dénes Zsigmondy maßgeblich daran beteiligt, das Festival ins Leben zu rufen. So steht auch in diesem Jahr am Ende der Reihe ein Konzert mit den Spitzenkünstlerinnen und -künstlern von morgen. Am Sonntag, 21. Juli, findet ebenfalls auf Gut Ried von 19 Uhr an das Abschlusskonzert statt, in dem "Junge Talente" - das sind ausgewählte Absolventinnen und Absolventen des zu den Musiktagen gehörenden Meisterkurses mit Ingolf Turban (Violine) und Susanne Kelling (Gesang) - ihr Können unter Beweis stellen.

Was alle Konzerte verbindet, seien sie gespielt von arrivierten oder aufstrebenden Musikern, szenisch oder konzertant, solistisch oder im Ensemble, ist die ungezwungene Atmosphäre, mit der Musik hier erfahrbar wird. Es ist diese Leichtigkeit, welche die Holzhauser Musiktage auch in diesem Jahr zu einem außergewöhnlichen Festival werden lässt.

Tickets über www.holzhauser-musiktage.de (Abonnement zu 130,37 Euro)

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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