Konzert:Solo für Fagott

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Die Konzertvereinigung Isartal setzt immer wieder auf unkonventionelle Instrumente. Das Publikum in der Loisachhalle belohnt Dag Jensens Virtuosität mit großem Applaus

Von Reinhard Szyszka, Wolfratshausen

Das ist das Schöne an den Konzerten der Konzertvereinigung Isartal: Man kann auch mal unkonventionelle Soloinstrumente erleben. Während etablierte Orchester die immer gleichen Klavier- und Violinkonzerte aufs Programm setzen, haben die Isartaler in den vergangenen Jahren Schlagzeuger, Hornisten und Gitarristen für die Soloparts eingeladen. Und diesmal einen Fagottisten.

Für viele Konzertbesucher ist das Fagott mit seinem brummenden bis näselnden Klang ein Instrument, das unfreiwillig komische Anflüge nicht vermeiden kann. Wer mit dieser Erwartung am Samstag in die fast volle Loisachhalle kam, musste sich eines Besseren belehren lassen. Der Norweger Dag Jensen, Fagottprofessor an der Münchner Musikhochschule, beherrscht sein Instrument aus dem Effeff. Auf dem Programm stand das Fagottkonzert von Johann Nepomuk Hummel, für jeden Fagottisten ein absolutes Muss, im Konzertprogramm jedoch ein seltener Gast. Hummel verlangt seinem Solisten alles ab, was die damals neue Ventil- und Klappentechnik möglich gemacht hat: Läufe über den gesamten Tonumfang des Instruments, extreme Sprünge, Verzierungen und vieles mehr. Jensen bewältigte alle Schwierigkeiten mühelos und behielt dabei einen kultivierten, in allen Lagen ausgeglichenen Ton bei. Großer Applaus; der Künstler bedankte sich freundlich, ließ sich aber zu keiner Zugabe bereden. Schade; man hätte gerne auch mal das Fagott ganz alleine gehört, wenn es von einem solchen Könner geblasen wird.

Hinter dem Erfolg jedes Solisten steckt ein Orchester. Am Samstag war es die Konzertvereinigung Isartal, die unter ihrem künstlerischen Leiter Christoph Adt musizierte. Und gerade beim Fagottkonzert erwies sich Adt als wahrer Klangmagier, der filigrane Klangteppiche generierte, über die sich der Solopart erheben konnte. Solche Begleitungen sind für das Orchester undankbar, wenig spektakulär, aber dennoch schwer zu spielen, wenn ein homogener Pianissimo-Klang entstehen soll. Die Isartaler machten das ganz wunderbar.

Umrahmt wurde das Fagottkonzert von zwei populären Werken slawischer Provenienz: der Nussknacker-Suite von Tschaikowski und der berühmten "Sinfonie aus der Neuen Welt" von Antonin Dvořák. Für ein Laienorchester ist es riskant, derart populäre Werke zu spielen, weil jeder Zuhörer seine Lieblingsaufnahme im Ohr hat. Adt setzte noch eins drauf, indem er flotte, manchmal allzu flotte Tempi wählte, an denen er unbeirrt festhielt. Das hatte gelegentlich etwas Starres an sich. Wenn man ohne jede Tempomodifikation vom ersten zum zweiten Thema fortschreitet, wie es beim ersten Satz Dvořák der Fall war, geht ein Stück Musik verloren. Fürchtete der Dirigent, das Orchester würde ihm bei kleinen Rückungen und Akzenten nicht folgen? Jedenfalls dirigierte er nur solche Tempoänderungen, die ausdrücklich in der Partitur notiert sind.

Zu den großen Stärken von Adt gehört die Fähigkeit, seinem Orchester ein schier unglaubliches Spektrum an Klangfarben zu entlocken. Die feine klangliche Abstufung zwischen den Instrumentengruppen macht's möglich. Daher überzeugten besonders solche Stellen, an denen der Orchesterklang gefragt ist: der Arabische Tanz, der Chinesische Tanz und der Tanz der Rohrflöten bei Tschaikowski, der langsame Satz bei Dvořák, auch große Teile von Dvořáks Finale. Gerade wenn die Streicher sich zurücknehmen müssen, um den Bläsern den Vortritt zu lassen, zeigt sich die beeindruckende Orchesterdisziplin und Klangkultur, die die Isartaler unter ihrem Chef erreicht haben. Da vergisst man ein paar verwackelte Einsätze und Hörnerkiekser gerne.

Alles in allem zeigte das Orchester am Samstag ein erfreulich hohes Niveau. Und im kommenden Jahr gibt es wieder ein unkonventionelles Soloinstrument: ein Kontrabass ist angekündigt.

© SZ vom 08.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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