Konzert in Gelting:Jazz mit Schwanzhund

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"Buffzack", das sind Andreas Unterreiner (Trompete), Lukas Jochner (Posaune), Florian Mayrhofer (Tuba), Sebastian Wolfgruber (Schlagzeug). (Foto: Hartmut Pöstges)

"Buffzack" beweisen im "Hinterhalt" Virtuosität und Humor

Von Barbara Szymanski, Gelting

Ist das noch Jazz oder schon musikalische Bewusstseinserweiterung? Was da auf der Bühne des Geltinger "Hinterhalts" röhrt, lispelt, klöppelt, kreischt und die Dur- und Moll-Tonleitern rauf und runter tobt, dafür sind vier lässige, merkwürdig gewandete, aber dennoch elegante junge Musiker aus München verantwortlich. Sie nennen sich Buffzack. Ein anderer Name ist überhaupt nicht denkbar. Buff und Zack! Kein Erbarmen mit den Harmonien, die den Ohr-Membranen schmeicheln könnten. Was interessiert ein Halt gebendes swingendes Taktgefühl, braucht's eine Melodie, ein prickelndes Intro oder einen bombastischen Schluss? Dennoch sind die Nummern nicht unscharf. Ganz im Gegenteil.

Hörbar steckt eine Menge Kopfarbeit und musikalisches Können dahinter, wenn sich der Posaunist Lukas Jochner mit dem fabelhaften Drummer Sebastian Wolfgruber einen rhythmischen Schlagabtausch leistet, der an Absolutheit nicht zu übertreffen ist. Letzterer steigt übrigens aus der Band aus und Lorenz Rutiglano, Lehrer an der Musikschule Wolfratshausen, ein. Trocken formuliert der Posaunist seine Improvisationen zu einem Thema, das nur er im Kopf zu haben scheint. Mal wirft er ein paar Pedaltöne in das leider nur spärlich erschienene Publikum bei der vorletzten Veranstaltung des Pipapo-Festivals des Kulturvereins Isar-Loisach (KIL), dann wieder phrasiert er die Einfälle, dass Gänsehaut aufzieht.

Das schafft auch Andreas Unterreiner an der Trompete und am Flügelhorn in einem Anzug mit rosa Magnolien drauf, wenn er eine längere Phase der Interaktion mit diesem magischen Schlagzeuger in feinem englischen Second-Hand-Zwirn eingeht. Das polarisiert, und gleichzeitig verbinden sich die instrumentalen Gegensätze zu einem Hörerlebnis, das fordert und den Biorhythmus fast ein wenig durcheinanderbringt.

Beim Publikum kommt dieses intensive und kreative Buff und Zack richtig gut an. Auch wenn es nicht funktioniert, diese abstrahierenden Musiker mit Kopfnicken, Taktklatschen oder gar Tanz zu begleiten. Sie verstehen es, die Zuhörer zu fesseln, sie zum Jubeln zu bringen, wenn mal ein Solo besonders steil von der Bühne gleitet.

Nachgerade leichtfertig geht Florian Mayrhofer mit der sonst immer so bräsig vor sich hin blubbernden Tuba um. Neckisch und mitunter federleicht lässt er die Töne hüpfen und nimmt es auch mit dem Drummer auf zu einem Drauflos-Exponieren.

Wenn die Vier die Aufnahmefähigkeit der Zuhörer mit sich auflösenden Disharmonien genügend strapaziert haben, schalten sie einmal mehr und ganz unerwartet um auf leise, zärtliche, ja elegante Harmonien, die dennoch vital sind und voller Strahlkraft. Ganz befrieden wollen die Buffzack-Musiker ihr Publikum aber nicht. Trompeter Unterreiner verliest ein Schmähgedicht über München. Diese Stadt stinke unfassbar. Und gleich hinterher hippt und hoppt es mit einer Direktheit, dass einem fast Hören und Sehen vergeht und mancher wohl überlegt: Wie kommen die aus dieser Nummer raus?

Sie kommen raus und bieten mit Schwanzhund (Dieses Wort legte Mechthild beim Scrabblespiel in Loriots Film "Ödipussi".) eine Nummer aus ihrer CD "Gehirnfasching", die mit fast sakralen Tönen verwöhnt. Es wird musikalisch erzählt, geklagt und gelobt, gezetert und geschmeichelt. Bisweilen geraten die Kompositionen zu einem Höllenritt, dann wieder ist vor Wonne Seufzen angesagt, wenn sie einen Zweifachen zersägen und wieder zusammenschrauben. Jazz bleibt Jazz, auch wenn's bufft und zackt.

© SZ vom 30.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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