Konzert in Beuerberg:Seelenlieder für eine Salesianerin

Lesezeit: 3 min

Nicht restlos überzeugend: David van Dijk (Violine), Michael Schöch (Orgel) und Katja Stuber (Gesang). (Foto: Harry Wolfsbauer)

Michael Schöch, David van Dijk und Katja Stuber spielen in der Schwesternkapelle in Beuerberg ein Konzert mit Höhen und Tiefen. Anlass ist der Gedenktag der Ordensgründerin - dabei steht die Anlage leer

Von Reinhard Szyszka, Beuerberg

So ist das mit den Traditionen: Sie überdauern ihren eigentlichen Anlass und entwickeln ein Eigenleben. Ein charakteristisches Beispiel hierfür kann man in Beuerberg erleben. Das dortige Salesianerinnen-Kloster ist seit drei Jahren verwaist, doch der Gedenktag der Ordensgründerin wird nach wie vor gefeiert. Am Samstag war es wieder soweit, und genau wie im Vorjahr gab es aus diesem Anlass ein festliches Konzert unter dem Motto "Seelenlieder" zu hören. Und weil in diesem Jahr gleichzeitig die große Ausstellung "Sehnsuchtsort Kloster" läuft, fand das Konzert mitten in dieser Ausstellung statt, in der ehemaligen Schwesternkapelle. Trotz der Urlaubszeit war der Zuhörerandrang groß.

Drei Musiker völlig unterschiedlicher Provenienz bestritten das Konzert: der Organist und Pianist Michael Schöch, der Geiger David van Dijk vom BR-Symphonieorchester und die Sängerin Katja Stuber. Das kostenlos ausgelegte, luxuriös ausgestattete Programmheft listete auf, was die drei Künstler bereits geleistet haben; man konnte also Großes erwarten.

Schöch machte den Anfang und spielte auf der kleinen Truhenorgel eine Toccata des frühbarocken Komponisten Girolamo Frescobaldi. Mehr als die ungewohnte, herbe Musiksprache irritierte die fehlerhafte Intonation des führenden Registers, das zwischen hohen und tiefen Tönen abrupt in eine andere Klangfarbe wechselte. Der Organist bemerkte es natürlich auch und verwendete dieses Register im weiteren Konzertverlauf nie wieder.

Dann traten die Sängerin und der Violinist auf, und gemeinsam musizierten die drei Künstler eine deutsche Arie von Georg Friedrich Händel: "Süße Stille, sanfte Quelle ruhiger Gelassenheit". Die ruhige Gelassenheit, von der der Text spricht, war am Anfang noch nicht zu spüren; sie stellte sich aber im Laufe des Stückes ein. Eine Bach-Arie in gleicher Besetzung schloss sich an, wobei hier die Orgel das Orchester ersetzen musste. Schöch am Tasteninstrument und van Dijk auf der Violine fühlten sich im barocken Repertoire wohl. Bei der Sängerin hingegen war zu bemerken, dass Barockmusik und Koloraturen nicht ihr ureigenstes Fach sind. Sie machte ihre Sache gut, sie musste nicht hörbar "kämpfen", und dennoch: restlos zu Hause war sie auf diesem Gebiet nicht. Das schlug sich auch darin nieder, dass ihre Stimme in der Höhe metallen aufstrahlte, in der Mittellage und Tiefe aber eher blass blieb. Fast fühlte man sich an das bewusste Orgelregister erinnert.

Zu einem ersten Höhepunkt des Konzerts kam es, als der Geiger zusammen mit dem Organisten die E-Dur-Sonate von Bach spielte. Es handelt sich dabei um eine der Sonaten für Violine und obligates Cembalo; der Komponist behandelt die beiden Instrumente also gleichwertig. Und gleichwertig waren auch die beiden Musiker des Abends. David van Dijk zählt neben seiner Orchestertätigkeit auch zu den Gründungsmitgliedern des Münchner Barockensembles "L'Accademia giocosa"; er weiß also, wie Barockmusik zu klingen hat. Und so boten beide Musiker eine ausgewogene, stilsichere Interpretation der anspruchsvollen Sonate, an die historische Aufführungspraxis angelehnt, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Bei den schnellen Sätzen wählten sie sehr flotte, geradezu brillante Tempi, und dennoch war das Zusammenspiel niemals gefährdet.

Dann kam Katja Stuber wieder und sang das berühmte "Laudate Dominum" aus den "Vesperae solennes de confessore" von Mozart. Man merkte: Diese Musik lag ihr. Die weit gespannte, ruhige Melodie gelang ihr wie aus einem Guss, und die Stimme klang frei und gelöst. Wunderbar das große Crescendo beim zweiten Einsatz der Solostimme. Den Chor, der bei diesem Stück auch vorgesehen ist, vermisste man nicht. Das anschließende Andante von Mozart, eines der drei Flötenuhr-Stücke, bot dem Organisten noch einmal Gelegenheit, sein großes Können solistisch zu zeigen.

Bestärkt durch den Erfolg bei Mozart wagten sich die Künstler nun an die Kantate "Seele, lerne dich erkennen" von Georg Philipp Telemann. Dieser Komponist war kein tiefschürfender Genius wie sein Zeitgenosse Bach, aber doch ein Meister schöner, wohlklingender, ansprechender Musik. Den drei Musikern gelang eine überzeugende Interpretation der beiden melodischen Arien. Einziger kleiner Kritikpunkt hier: Das Rezitativ dazwischen hätte etwas textverständlicher ausfallen können. Bei den Arien mit den vielen Textwiederholungen gibt es immer eine zweite Chance; beim Rezitativ jedoch muss jedes Wort auf Anhieb klar und deutlich über die Rampe kommen.

Nach kaum einer Stunde war das ausgedruckte Programm schon vorüber. Die drei Musiker bedankten sich für den Applaus mit einem der bekanntesten Sätze von Bach: dem Choral "Jesus bleibet meine Freude". Man hört dieses Stück so oft in mehr oder weniger gelungenen Instrumentalarrangements, dass man dankbar war, hier auch einmal den originalen Choraltext gesungen zu vernehmen.

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: