Max Raabe überzeugt:Glänzend disponiert

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Max Raabe bei seinem Konzert im Benediktbeuer Kloster. Foto: Harry Wolfsbauer (Foto: Harry Wolfsbauer)

Geschmackvoll, stilsicher und mit leichtem Augenzwinkern - Max Raabe und sein Palastorchester begeistern 1300 Gäste

Von Reinhard Szyszka, Benediktbeuern

Die Rahmenbedingungen hätten nicht besser sein können. Einen linden Sommerabend hatten sich Max Raabe und sein Palastorchester für ihren Benediktbeurer Auftritt ausgesucht. Im Maierhof des Klosters waren nicht nur die Bühne und die Sitzplätze aufgebaut, sondern auch für das leibliche Wohl der zahlreich erschienenen Besucher war gesorgt. So verschwamm die Grenze zwischen Foyer und Konzertsaal, und eine familiäre, ungezwungene Atmosphäre herrschte. Als pünktlich um 20 Uhr dann der Gong ertönte, schlenderten die Zuhörer gemütlich plaudernd zu ihren Sitzen, der Meister und sein Orchester betraten die Bühne, und die Show begann.

Über Max Raabe und seinen unverwechselbaren Stil ist schon fast alles gesagt. An diesem Abend zeigte er sich glänzend disponiert. Der Sänger vermag seinen eleganten Kavaliersbariton bruchlos mit dem Kopfregister zu verbinden und so mühelos in höchste Tenorhöhen vorzustoßen. Natürlich funktioniert diese Technik nur mit dem Mikrofon, aber gerade das ist ja Raabes Markenzeichen. Auf Handbewegungen und andere gestische Untermalungen verzichtet der Künstler komplett, und selbst sein bewegliches Mienenspiel setzt er nur äußerst diskret ein. Die flexible Stimme und die hervorragende, plastische Textbehandlung genügen, um jede melodische Wendung, jede Textnuance punktgenau zu servieren.

Ein gedrucktes Programm gab es nicht; Raabe führte selbst durch den Abend und versäumte nicht, zu jedem Lied den Komponisten, den Textdichter und das Entstehungsjahr zu nennen. Der Schwerpunkt lag auf deutschsprachigen Liedern aus der Zeit um 1930, noch bevor die Nazis zu ihrem kulturellen Kahlschlag ansetzten. Komische Stücke wie "Mein Gorilla hat 'ne Villa im Zoo" standen neben ernsthaften, zum Teil auch sentimentalen Schlagern dieser Zeit. Einige Eigenkompositionen von Raabe ("Für Frauen ist das kein Problem"), die sich stilistisch an den älteren Liedern orientieren, sorgten für Abwechslung. Alles wurde geschmackvoll, stilsicher und mit einem leichten Augenzwinkern dargeboten.

Bei den ersten Stücken ("Kleine Lügen tun nicht weh") konzentrierte man sich unwillkürlich auf den Sänger und die Texte, so dass die Qualitäten des Orchesters erst allmählich zum Vorschein kamen. Doch im Laufe des Abends wurde deutlich, welch exzellente Musikerschar Raabe da um sich versammelt hat.

Jeder Künstler ist ein Solist auf seinem Gebiet; manche beherrschen sogar mehrere grundverschiedene Instrumente oder unterstützen Raabe mit kleinen Gesangseinlagen. Dass ein Saxophonist auch mit der Klarinette umzugehen vermag, überrascht nicht; wenn aber ein Posaunist eine Geige unter seinem Sitz hervorzaubert und darauf zu spielen beginnt, reibt man sich verwundert die Augen. So war es nur konsequent, dass Raabe jeden Musiker, der gerade mit einem besonders anspruchsvollen Solopart hervorgetreten war, dem Publikum namentlich vorstellte. Eine weitere sympathische Geste war es, dass der Sänger immer wieder dem Orchester das Feld überließ und an den Flügel gelehnt abwartete, bis sein nächster Einsatz an der Reihe war. Im zweiten Programmteil bestritt das Orchester sogar einige Nummern allein.

Doch nicht nur dem Ohr, auch dem Auge wurde einiges geboten. Die Bühnentechniker arbeiteten ebenso präzise und hochprofessionell wie die Musiker und schafften es, zu jedem Lied die Bühne in das passende Licht zu tauchen. Selbst der Vorhang im Hintergrund konnte in verschiedenen Farben angestrahlt werden. Naturgemäß fielen diese Effekte beim taghellen Konzertbeginn noch kaum auf, traten aber mit fortschreitender Dämmerung immer mehr hervor. Licht und Musik verschmolzen zu einer perfekten Bühnenshow.

Das i-Tüpfelchen des Ganzen aber war der knochentrockene Humor, mit dem Raabe das Konzert moderierte. "Manchmal lernt man Menschen kennen, bei denen man sich fragt, warum man sie nicht schon viel früher getroffen hat. Manchmal lernt man Menschen kennen, bei denen man sich fragt, wo sie bisher waren - und warum sie nicht dort geblieben sind." Ohne auch nur eine Miene zu verziehen, servierte der Sänger solche Sprüche. Die Zuhörer waren begeistert und erklatschten sich mehrere Zugaben. Aber mit dem Gute-Nacht-Lied "Doch du, mein Schatz, musst schlafen gehn" war endgültig Schluss, und die erschöpften Musiker entließen das Publikum in die laue Sommernacht.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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