Konzert im Kleinen Tölzer Kursaal:Andalusisches Feuer in sternenklarer Nacht

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Ricardo Volkert und sein Ensemble entführen das Tölzer Publikum in den Süden Spaniens

Von Arnold Zimprich, Bad Tölz

Olivia Muriel Roche dreht sich voller Anmut, Eleganz und Stolz im Kreis, hält einen schwarzen, fein verzierten Fächer in der ausgestreckten Hand - und bringt den Boden zum Beben. Roche verwandelt den Kleinen Kursaal in Bad Tölz mit ihrem Stepptanz, spanisch Zapateado, in den Marktplatz einer spanischen Kleinstadt. Der Duende, der Geist des Flamenco, hat an diesem frostigen Abend in der Kurstadt Einzug gehalten.

Mit "Alegria, Alegria, Alegria", dieser Ode an die Freude, stimmen Ricardo Volkert und sein Ensemble die rund 50 Besucher in diesen andalusischen Weihnachtsabend ein. Rund 15 Villancicos, spanische Weihnachtslieder, werden die Musiker präsentieren, unterbrochen von Erzähleinlagen, vorgetragen mit Witz, Tiefsinn und ohne zu viel Weihnachtspathos.

Almeria, eine Hafenstadt, in der die Menschen die Virgen del Mar, die Jungfrau des Meeres, verehren, ist Volkerts zweite Heimat. Und so sind die Lieder, Rhythmen und Geschichten des Abends auch tief in der südspanischen Region verankert. Volkert zitiert eine Szene aus Federico Garcia Lorcas Gedichtsammlung "El romancero gitano", in der ein scheinbar krankes Kind, das sich in einer Schmiede befindet, von la luna - der Mond ist im Spanischen weiblich - mitgenommen werden soll.

In einem beeindruckenden Violoncello-Solo stellt Jost Hecker seine Virtuosität unter Beweis. Hecker tourte mehr als zwei Jahrzehnte lang mit dem Münchner Modern String Quartet durch die Welt und arbeitete mit Musikern wie Joan Baez, Mercedes Sosa, Konstantin Wecker, Charlie Mariano und Klaus Doldinger zusammen. Dazu überzeugt Günther Dollrieß an Cajon, Gitarre und Mundharmonika.

Die gut zwanzigminütige Pause nutzen Ricardo Volkert und sein Ensemble, um sich unter das Publikum zu mischen und an einem Tischchen ihre CD-Auswahl anzubieten. Die Gäste plaudern bei einem Gläschen Wein und genießen die Atmosphäre.

Kastagnetten dürfen an so einem Abend nicht fehlen, und so stellt Olivia Muriel Roche ihr Können an den kleinen Holzschälchen beeindruckend unter Beweis. Auch La Picorina, die Schelmische, wie sich Tänzerin Heike Kluska nennt, ist zentraler Bestandteil des Programms. Mit gezückter Augenbraue zieht die Tänzerin das Publikum in ihren Bann, angefeuert von den Jaleos, den für den Flamenco typischen Zwischenrufen. Viel zu schnell sind zweieinhalb Stunden vorbei.

Volkert stimmt mit "Los peces en el rio", die Fische im Fluss, eines der letzten Lieder des Abends an. I, den Stück geht geht es darum, dass die Fische den Fluss leer trinken wollen, um El Virgen, der Jungfrau Maria, dabei zuzusehen, wie sie sich die Haare kämmt. Die Andalusier haben eben eine sprühende Fantasie und alles, was nicht im Neuen Testament steht, wird ganz einfach hinzugedichtet.

Nach einer Zugabe entlässt Ricardo Volkert schließlich ein verzaubertes Publikum in die sternenklare Tölzer Nacht.

© SZ vom 03.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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