Komödie mit Tiefgang:Beziehungsgestört

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Proben im Theaterzelt Irschenhausen: Piet (links, Boris Fittkau) und Mücke (Sebastian Kater) haben Beziehungsprobleme - wie alle Figuren, die in Petr Zelenkas Komödie "Schrottengel" eine Rolle spielen. Regie führt Stefan Mayer-Voigt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Das Laientheater Icking setzt unter der Regie von Stefan Mayer-Voigt Petr Zelenkas Stück "Schrottengel" in Szene

Von Stephanie Schwaderer, Icking

Mit leichten Komödien tut Stefan Mayer-Voigt sich schwer. "Davon gibt's genug", sagt er. "Da muss man nur den Fernseher anschalten." Dem Gründer und Leiter der Laienbühne Icking sind die ernsten Stücke lieber. Vor zwei Jahren hat er mit seinen knapp 20 Mitstreitern Wajdi Mouawads "Verbrennungen" inszeniert - ein Familiendrama, so brutal und erschütternd, dass nicht nur das Publikum im Theaterzelt bestürzt war. "Auch uns ist das nahe gegangen", sagt er. Deshalb wollte er sich heuer dem grundlegenden Wunsch seines Ensembles bei der Stückauswahl nicht verschließen: Eine Komödie!

Das Drama, das er daraufhin aus seinem einige Hundert Werke umfassenden Archiv gefischt hat, heißt "Schrottengel", stammt von dem Tschechen Petr Zelenka und erzählt, so der Untertitel, "Geschichten vom alltäglichen Wahnsinn". Damit scheint Mayer-Voigt ein bitter-komischer Kompromiss gelungen zu sein: "Man kann über die Figuren lachen", sagt er, "wer lieber tiefer gehen will, kommt ins Grübeln."

Die Handlung nimmt im Hier und Jetzt ihren Lauf und beginnt mit einem Büschel Frauenhaare. Piet, die Hauptfigur, gespielt von Boris Fittkau, versucht mit Hilfe eines skurrilen Rezepts, die Frau, die er liebt, zurückzugewinnen. "Alle Absurditäten dieser Geschichte aufzuzählen, wäre absurd an sich", heißt es in dem Flyer zum Stück, den wieder Markus Klöpper professionell gestaltet hat. Eine nackte, kahlköpfige Schaufensterpuppe erhebt sich darauf mit bedrohlich wirkenden Schwingen aus einer Schrotthalde.

Einer Schaufensterpuppe kommt auch in der Inszenierung der Laienbühne Icking eine tragende Rolle zu. Mehr möchte Mayer-Voigt darüber aber noch nicht verraten. Nur so viel: Neben Piet treten allerlei gescheiterte Existenzen ins Rampenlicht, jeder mit einer eigenen Verrücktheit, alle verzweifelt beziehungsgestört. "Beim Lesen haben wir uns anfangs totgelacht", erzählt er. "Aber beim Proben haben wir dann gemerkt: Das sind reale Menschen mit Tiefgang. Jeder versucht mit einfachen Mitteln, sein Glück zu organisieren, seine Sehnsüchte zu erfüllen."

Die Rollen haben seinen Worten nach von selbst zum passenden Akteur gefunden. "Wir spielen wieder mit der alten Mannschaft." Neu dabei sind zwei Tänzerinnen (Valerie Jordan und Finja Suckfüll), die Mayer-Voigt für diese Produktion in der Tanzschule Jordan angeworben hat. Geprobt wird seit März zweimal die Woche. "Ich lasse ganz viel Luft, gebe wenig vor", sagt der Regisseur, der im Brotberuf Mediziner ist. "Das entwickelt sich weiter."

Vor zwei Jahren hatte er die Proben bisweilen abbrechen müssen, weil die "Verbrennungen" dem Ensemble so zugesetzt hatten, dass manchen Spielern die Tränen übers Gesicht liefen. Trotz der Schwere des Stoffes kamen mehr als 1200 Zuschauer zu den fünf Vorstellungen. In diesem Jahr stellen sich ganz andere Herausforderungen. "Wir müssen das Skurrile rüberbringen, ohne zu lachen", sagt Mayer-Voigt. "Lachen sollen nur die Zuschauer."

Theaterzelt Icking (zwischen Schmotzenbreite und Krautgärten, über dem Stocker Weiher), Premiere am Donnerstag, 12. Juli, 20 Uhr, weitere Vorstellungen am 13., 18., 20. und 21. Juli, Karten zu 12/8 Euro bei Schreibwaren Baumgartner (08178/1253) in Icking, in der Buchhandlung Isartal (08178/99 89 88) und an der Abendkasse; Infos unter www.zelttheater-icking.de

© SZ vom 05.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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