Kommunaler Haushalt:Düstere Finanzlage

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Der Bereich rund ums Rathaus hätte heuer aufgewertet werden sollen - doch das steht auf der Kippe. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wegen Corona-Einbußen: Dietramszell stellt Dorferneuerung zur Disposition

Von Petra Schneider, Dietramszell

Die finanzielle Situation der Gemeinde Dietramszell hat sich dramatisch verdüstert. Die Gründe sind hohe Investitionen und coronabedingte Einbußen bei den Einnahmen aus Gewerbe- und Einkommenssteuer. Die Kämmerin rechnet mit einem Defizit von rund 5,6 Millionen Euro, die sich bis 2022 auf acht Millionen summieren werden. Zum Ausgleich müssen Kredite aufgenommen werden, was den Schuldenstand bis zum Ende des Haushaltsjahres 2023 auf knapp 4,7 Millionen Euro erhöhen würde - bei gleichzeitig aufgebrauchten Rücklagen.

"Aufgrund dieser Berechnung gehe ich davon aus, dass die Rechtsaufsichtsbehörde den Haushalt nicht genehmigen wird", so lautete die ernüchternde Bilanz von Bürgermeister Josef Hauser (Freie Wähler) in der Sitzung des Gemeinderats am Dienstagabend. Die Folge ist ein umfangreiches Streichkonzert, das in dem Gremium ausführlich diskutiert wurde. Diesem könnte auch die Dorferneuerung zum Opfer fallen, weil es sich laut Hauser "nicht um eine Pflichtaufgabe handelt". Ganz vom Tisch ist das seit Jahren geplante Projekt nicht, weil sich vor allem die CSU dafür aussprach, zunächst in einem neu gebildeten "Sonderkompetenzteam Dorferneuerung" zu prüfen, ob sich ein Ausstieg aus der Förderung überhaupt rechnet. Denn im Zuge der Straßensanierung, die für 2022 geplant ist, fallen für die Gemeinde ohnehin Kosten etwa für den Gehweg an, die dann ohne Fördermittel finanziert werden müssten.

Geeinigt hat man sich am Dienstag auf eine Verschiebung bei der Anschaffung von zwei neuen Fahrzeugen für die Feuerwehren Hechenberg und Ascholding. Auch der Neubau des Feuerwehrhauses in Ascholding muss voraussichtlich bis 2023 warten. Bei der Generalsanierung der Mittelschule, bei der "derzeit kein Land in Sicht ist", wie Hauser sagte, soll heuer nur die Schadstoffsanierung im A-Bau fortgeführt werden.

Noch im März vorigen Jahres sah die finanzielle Lage der Gemeinde erfreulich aus: Die Steuereinnahmen sprudelten, das Rücklagenpolster war mit 3,7 Millionen üppig, die Schulden von 1,3 Millionen niedrig. Dann kam Corona und zehrte die Einnahmen auf: Statt der angesetzten 1,9 Millionen Gewerbesteuereinnahmen sind heuer nur 1,5 Millionen zu erwarten. Gleichzeitig steigt die Kreisumlage um 476 000 Euro.

Um die Lage in den Griff zu bekommen, müssen die Einnahmen erhöht und die Ausgaben gesenkt werden. Ersteres ist für die Gemeinde nur begrenzt möglich. Eine Anhebung des Gewerbesteuer-Hebesatzes von derzeit 320 Prozent wäre nach Ansicht des Bürgermeisters in diesen schwierigen Zeiten "kontraproduktiv". Einnahmen durch Grundstücksverkäufe zu generieren, ist ebenfalls kaum möglich. Denn mit Ausnahme eines Grundstücks in Linden hat die Gemeinde keine Flächen, die sie gegen Höchstgebot verkaufen kann. Allenfalls noch möglich wäre die von der CSU geforderte Aufhebung des Einheimischenmodells in der Klessingstraße in Ascholding. Bei einem Verkauf nach dem Bodenrichtwert könnten 480 000 Euro Mehreinnahmen erzielt werden.

Reichen würde das nicht. Hauser ließ deshalb am Dienstag jede Position im Vermögenshaushalt auf den Prüfstand stellen. Länger diskutiert wurde über die Anschaffung von Feuerwehrfahrzeugen: Bereits bestellt sind drei für Baiernrain, Linden und Föggenbeuern, die insgesamt rund 592 000 Euro kosten. Weil es derzeit eine "Sonderserie" gebe, bei der sich Kommunen rund 100 000 Euro je Fahrzeug sparen könnten, hatte man überlegt, auch die überalterten Fahrzeuge in Hechenberg und Ascholding zu ersetzen. Die in der Sitzung zahlreich anwesenden Feuerwehrleute warben eindringlich für den Kauf, der Gemeinderat entschied sich allerdings für eine Verschiebung. "Es ist keine Pflichtaufgabe, dass wir fünf Feuerwehrfahrzeuge auf einmal kaufen", sagte Michael Häsch (CSU). Kontroversen gab es auch über die Dorferneuerung. Heuer sollte der Abschnitt Richteranger, Rathaus und Angerwiese aufgewertet werden. 800 000 Euro sind dafür eingestellt, im kommenden Jahr 1,5 Millionen, 2023 dann 360 000 Euro. Eine Förderung vom Amt für ländliche Entwicklung von 65 Prozent ist zugesagt. Nach derzeitigem Stand sei die Dorferneuerung aber "nicht finanzierbar", so Hauser, der noch nie ein Freund des Projekts war. "Wir wissen nicht, wann und wie wir damit weitermachen." Der Rosenheimer Architekt Rainer Heinz, der die Planungen vorstellen sollte, wurde unverrichteter Dinge nach Hause geschickt. Mit der Streichliste soll sich nun der Finanzausschuss beschäftigen und das neunköpfige Team "Dorferneuerung" Detailfragen klären. Dann soll der Haushaltsentwurf im Gemeinderat diskutiert werden.

© SZ vom 22.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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