Kommentar:Unbezahlbares Geschenk

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Beeindruckender Protest für Lehrer

Von Viktoria Spinrad

An die meisten der vielen Lehrer, die einem im Schulleben unterkommen, erinnert man sich nach der Schulzeit nur noch vage. Sie verschwimmen in der Masse. Doch da sind auch die Lehrer, die einem selbst noch nach Jahren im Gedächtnis hängen bleiben. Weil sie besonders streng waren. Weil sie witzig, unterhaltsam waren. Oder weil sie an einen geglaubt haben.

Zur letzten Gruppe gehört Richard Neumeier. An den seit zwölf Jahren von der Kirche an das Geretsrieder Gymnasium ausgeliehenen Seelsorger und Religionslehrer erinnern sich auch noch die Abiturienten von 2011. Weil er mit ihnen diskutiert, meditiert, ihnen neue Horizonte eröffnet hat. Auch die aktuellen Schüler setzen sich für den "Großvater" ihrer Schulfamilie ein. Zusammen mit den Eltern sammeln sie 1000 Unterschriften. Wann hat es je soviel Unterstützung für einen Pädagogen gegeben?

Die Aktion der Schüler zeugt von Mut und Diplomatie. Statt einen Stellungskrieg mit der Schulleitung oder dem Ministerium anzuzetteln, begründen sie mit Bedacht, warum Neumeier aus der Schule nicht wegzudenken ist. Und wenden somit das an, was ihnen der traditionell liberale Geist der Schule mitgegeben hat: eigenständiges Denken, emotionale Intelligenz, Kämpfergeist. Attribute, auf die jede Schulleitung stolz sein kann.

Diese findet sich nun offenbar in einer Zwickmühle wieder. Auf der einen Seite ist da der allseits beliebte Seelsorger und Religionslehrer, der mit seiner nahbaren Art, seinem Glauben an die Schüler, seinen richtigen Worte zur richtigen Zeit Teil der Schulseele geworden ist. Auf der anderen Seite sind da die schrumpfenden Schülerzahlen, die zu sagen scheinen: Richard Neumeier wird in dem Umfang nicht mehr gebraucht.

An dieser Stelle ist Obacht geboten. Noch einmal: Wann hat es je soviel Solidarität für einen Lehrer gegeben? Pädagogen, die ihre Schüler auf Augenhöhe sehen, sie inspirieren, ihre Freizeit aufopfern und die Schüler auch noch Jahre nach dem Abitur gerne treffen, sind ein Geschenk. Deshalb sollte sich die Schulleitung mit aller Macht dafür einsetzen, Neumeier so lange wie möglich an der Schule zu halten. Konstanten wie er sind für jede Schule ohnehin unbezahlbar.

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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