Kommentar:Späte Erkenntnis

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Von Konstantin Kaip

Manchmal ist es schon erstaunlich, was im Wolfratshauser Stadtrat passiert: Das Gremium beschließt, das Westufer der Loisach umzugestalten, findet dann aber jahrelang keinen Ersatz für die Parkplätze, die dort wegfallen sollen. Schließlich einigt man sich im Sommer 2017 darauf, am Hatzplatz ein Parkhaus mit rund 150 Stellplätzen errichten zu lassen. Die Stadt verpachtet den Grund, der Bauantrag kommt, der Beschluss wird verschoben, um vom Mitspracherecht bei der Fassadengestaltung Gebrauch zu machen - und dann wird das ganze Vorhaben in seiner Ausführung in Frage gestellt. Ein zehn Meter hohes Parkhaus direkt an der Loisach am Tor zur Altstadt, das ist dann doch zu klobig. "Sarkophag von Tschernobyl" und "Trumps Mauer zu Mexiko" haben die Stadträte den Zweckbau genannt.

Vom Sinn her kann dem wohl jeder zustimmen, der ab und zu gerne am Fluss ist. Nicht nur die Anwohner der Straße Am Bach, die Bürgermeister und Stadträten wütende Mails geschrieben haben. Ob es diese Einlassungen waren, die zur Grundsatzdebatte am Mittwoch geführt haben oder die zuvor von den Stadträten vermissten aussagekräftigen Unterlagen des Bauwerbers, sei mal dahingestellt. Seltsam aber ist, dass die für die Stadt so wichtige Debatte erst jetzt geführt wird.

Schließlich war von Anfang an klar, dass die Lage höchst sensibel ist und dass Parkhäuser nicht gerade dafür bekannt sind, Altstädte zu schmücken. Die "konstruktiven Gespräche", die nun mit dem Investor geführt werden sollen, hätte man viel früher suchen müssen - zumindest wenn man die städtebauliche Verantwortung, welche die Stadträte nun proklamieren, ernst nimmt. Jetzt hängt vieles von der Gunst des Bauherrn ab, der sich auch stur auf den Bebauungsplan berufen könnte. Im Zweifel wäre ein Schadenersatz wohl das geringere Übel als ein Klotz am Fluss, den keiner wirklich will.

© SZ vom 07.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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