Kommentar:Perspektiven ändern

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Auch im Landkreis wird vielerorts nach der Prämisse verfahren: Auto first - Fahrräder werden allenfalls geduldet. Eine solche Auffassung ist völlig realitätsfremd

Von Nora Schumann

Die Straße ist eng, der Verkehr ist dicht, die Luft von Abgasen schwer. Das erste Auto überholt knapp, kaum einen halben Meter Abstand, bremst zwei Meter weiter scharf vor einem ausparkenden Wagen. Das zweite Auto überholt erst gar nicht, sondern hupt durchdringend. Man fährt zusammen, erschrickt, der Lenker schlenkert. Ist das die Perspektive eines Radfahrenden im Deutschland des 21. Jahrhunderts? Die Antwort lautet beschämenderweise "ja". Und das nicht irgendwo im Land, sondern auch im Landkreis.

Trotz Klimakrise, Stau und Verspätungsstress: Jeden Tag drängen sich Tausende Autos auf den Straßen. Und viele scheint die Annahme einer höheren Daseinsberechtigung zu einen: Dem Auto gehört die Straße, das Fahrrad darf sie allenfalls mitbenutzen. Doch eine solche Auffassung ist völlig realitätsfremd. Ist es doch das Auto, das Lärm und Schmutz produziert, während das Fahrrad leise dahingleitet, Bewegung und keinerlei Abgase mit sich bringt. Doch die Realität sieht so aus, dass es im Landkreis nicht möglich ist, mit dem Rad auf einer eigens dafür ausgewiesenen Straße von Bad Tölz nach Geretsried zu fahren. Dass der Landkreis ein Radwegekonzept initiiert, ist also nicht nur richtig, sondern längst überfällig. Will man die Verkehrswende schaffen, muss man den Autos den Platz wegnehmen, den man dann Radfahrern und Fußgängern einräumt. Nur so wird das Auto ausschließlich dann genutzt werden, wenn es wirklich gebraucht wird. Dafür muss aber die Infrastruktur geschaffen werden. Dass nun die Frist für die Einreichung zur Radwegeförderung durch den Freistaat verpasst wird, ist ärgerlich, sollte aber ein Ansporn für zukünftigen Tatendrang sein. Auf dass auch die Perspektive von Radfahrenden im Landkreis im 21. Jahrhundert ankommt!

© SZ vom 08.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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