Kommentar:Einheitlich reizlos

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Die Unverwechselbarkeit einer Stadt wie Wolfratshausen schwindet dahin. Es greift das Grundgesetz des Immobilienmarktes: Maximale Nutzung auf minimaler Fläche. Die städtebauliche Bedeutung: gleich null.

Wolfgang Schäl

Gewiss: Man muss nicht über jedes Haus lamentieren, das irgendwann aus dem Stadtbild verschwindet. Ob man dem Eckgebäude an der Sauerlacher Straße nachtrauern soll, das die Sparkasse demnächst abreißt, sei dahingestellt, man braucht es mit seinem misslungenen Anbau nicht unbedingt schön zu finden.

Fest steht allerdings: Es ist mit seinem hohen, markanten Walmdach ein sehr präsentes, fast hundert Jahre altes Stück Wolfratshausen, das eine durchaus prägende Wirkung entfaltet; eines mehr, das nun ersetzt wird durch ein "modernes Wohn- und Geschäftshaus", wie es die Sparkasse ankündigt.

Wie moderne Wohn- und Geschäftshäuser heutzutage aussehen, kann man gerade im Wolfratshauser Bahnhofsviertel bestens studieren: Hier ist Einheitsstil angesagt, wie man ihn im Regions-Siedlungsbrei von Taufkirchen bis Germering überall findet, die Unverwechselbarkeit einer Stadt wie Wolfratshausen schwindet nach und nach dahin.

Jüngstes, deprimierendes Beispiel ist die Bebauung des Postgeländes - zwei anonyme, aussagelose Riegel, die einzig nach dem Grundgesetz des Immobilienmarktes gebaut worden sind: Maximale Nutzung auf minimaler Fläche. Die städtebauliche Bedeutung: gleich null.

Nachdem der alte Bebauungsplan, den die Sparkasse jetzt zum Leben erweckt, an der Ecke Floßkanal/Sauerlacher Straße eine intensive Grundstücksverwertung zulässt, ist nur zu hoffen, dass die Stadträte nicht nachträglich noch auf den Geschmack kommen und in nächster Nähe, auf dem Gelände des alten Krankenhauses, doch noch jene bauliche Verdichtung zulassen, die sie bisher tunlichst vermieden haben.

Denn dann wäre da ja plötzlich eine ebenso maximal verwertbare Baulücke, die man schließen könnte, ja mit Blick auf die städtischen Finanzen und die Einheitlichkeit der Straßenfront sogar schließen müsste. Würde doch jeder verstehen! In diesem Kontext könnte man dann auch gleich mit Interesse verfolgen, was die behördlichen Eiertänze um den Schutz des alten Krankenhauses wirklich bewirkt haben.

© SZ vom 21.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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