Königsdorf:Lazarett zum Geburtstag

Lesezeit: 3 min

Militärzelte in der Jugendsiedlung: Florian Staufer hat seinen Vierzigsten unter dem Motto der TV-Serie "MASH 4077" gefeiert. Das Fest wird zu einem großen Privatspektakel.

Von Martina Schulz, Königsdorf

Es ist ein sonniger, idyllischer Samstag in den Isarauen. Ein Herbstklischee geradezu, rotgoldene Blätter an den Buchen, keine Wolke am föhnigen Himmel und drei Bussarde lassen sich von den Aufwinden immer höher ins weite Blau tragen. Pferde zupfen friedlich die wenigen verbleibenden grünen Gräser auf den Weiden, einige Radfahrer genießen die Sonnenstrahlen, die sich in den letzten Wochen rar gemacht hatten. Und von einer Wiese startet dröhnend ein Helikopter, steigt zu den Bussarden hinauf, die irritiert das Weite suchen, und fliegt über drei amerikanische Militärjeeps hinweg Richtung Jugendbildungsstätte Königsdorf. Es handelt sich hierbei nicht um Dreharbeiten für einen Film, sondern der Helikopter wurde von einer Gruppe engagiert, die das Wochenende unter dem Motto "MASH 4077" verbringt.

Der Jubilar sammelt Armeezelte

"MASH 4077" steht für "Mobile Army Surgical Hospital" und war eine erfolgreiche amerikanische Antikriegsserie, die in einem Feldlazarett im Koreakrieg spielte und von 1972 bis 1983 im Fernsehen lief. "Ich kannte die Serie und fand sie gut", sagt der Architekt und Brandschutzbeauftragte Florian Staufer, "aber eigentlich haben wir das hier aufgebaut, weil ich Armeezelte sammle."

Florian Staufer (auf dem Motarrad) hat sich selbst große Wünsche erfüllt. (Foto: Martina Schulz)

Zu seinem 45. Geburtstag hat er Freunde eingeladen, in diesen Originalzelten mit ihm zu feiern. "Als Thema wählte ich einfach den Titel der Serie." Das älteste Zelt stammt aus dem Jahr 1952. "Mir geht's hier vor allem um die Deko, wir sind kein Fanclub und machen hier auch kein Live-Rollenspiel."

Er trage zwar Armeekleidung, aber sein T-Shirt sei nicht authentisch. Cheech and Chong steht da in breiten Buchstaben drauf. Andere Mitglieder der gut 140 Mann starken Truppe im Alter von zwölf bis 75 Jahren haben sich dagegen T-Shirts mit Zitaten aus der Serie bedrucken lassen. Die Männer tragen Khakigrün, vorne prangt das Logo von "MASH 4077", auf der Rückseite finden sich die ersten Verse des Liedes mit dem jede Folge eröffnet wurde: "Through early morning fog I see, visions of the things to be." Auf den roten Shirts der Frauen steht "I'm a nurse, I'm here to save your ass, not to kiss it."

Das Lager ähnelt tatsächlich dem aus der Serie

Das Lager selbst ähnelt dem des Films. Da gibt es einen "Swamp", englisch für Sumpf - der Name des Zelts, in dem die Chirurgen des Feldlazaretts untergebracht waren, die dort ihren Gin brannten. Selbst gebrannt wird 2015 natürlich nicht. Stattdessen steht edler schottischer Single Malt Whisky - ein Glenmorangie - auf einer schnöden bayerischen Bierbank.

Auch der Komfort des Lagerlebens ist deutlich besser. "Wir schlafen in den Blockhütten der Jugendbildungsstätte und nicht mehr auf Feldbetten in Zelten, seit es 2013 hier im Oktober so geschneit hat", lacht Max Speitel, Student und 19 Jahre alt. In den Zelten befinde sich dagegen Technik im Wert von gut 10 000 Euro, die abends zum Einsatz komme, wenn eine von den fünf Bands spiele, die bereit gewesen seien, für einen Kasten Bier hier aufzutreten. Sie tragen so klangvolle Namen wie "Nutty Lane" und "Kapellmeister und Gang". Er sei überhaupt in erster Linie wegen der Technik hier, sagt Speitel. "Aber ich kenne auch die Serie. Mir gefällt diese Mischung aus Humor und Kritik."

Florian Staufer erfüllt sich einen teuren Wunsch

Dieses Jahr erfüllte sich Staufer, trotz der Kosten von knapp 4000 Euro für dieses eine Wochenende, einen lang gehegten Wunsch. Er engagierte die Firma Whirlybirds, die amerikanische Originaljeeps beisteuerten und zudem noch eine Bell 47G-4, ein Modell des Helikopters, der in der Serie die Verwundeten ins Lazarett flog und mit dem nun die Lagerbewohner des "MASH 4077" auf dem Gelände der Jugendbildungsstätte Runden über die Isarauen drehen können.

Das Lager und die Gefährte verbreiten authentisches Serien-Flair. (Foto: Martina Schulz)

Andreas Metzger, Marketingexperte, ist Besitzer der Jeeps, die er in mühevoller Kleinarbeit hergerichtet hat. "Man findet diese Wagen im Internet, oder es läuft über Beziehungen, dann verliebt man sich in das Auto und restauriert ein paar Jahre." In den Kaiser Jeep Pickup M715 allein habe er für die Reparaturen 4000 Euro investiert - da muss die Liebe schon sehr groß sein.

Die Bell schreckt die Bussarde auf

Größer ist wohl nur noch die Zuneigung Dieter Verbargs zu seiner Bell 47, die er sich nach seiner aktiven Zeit als Pilot gönnte. Beim Fliegen fühle er sich wieder wie 50, auf dem Boden manchmal eher wie 90 Jahre alt. Die "Bubble", so der Spitzname, ermöglicht durch die fast durchgängige Haube aus Glas ein kaum zu übertreffendes Fluggefühl. Der tollkühne Mann in seiner fliegenden Kiste ist ein Original und ein Haudegen, der nach den Erdbeben in Kaschmir 2008 und 2009 noch Projektmanager zu ihren Einsatzgebieten flog und der jetzt den "MASH 4077"-Begeisterten ein Gefühl von Freiheit schenkt.

Gegen Abend wird es allmählich ruhiger in den Isarauen. Die Rotorblätter sind verstummt, die Bussarde kreisen wieder über den Pferdekoppeln. Im Zeltlager werden die Lagerfeuer angezündet und die Bühne vorbereitet für die Auftritte der Bands. "Und genau deshalb macht uns das so einen großen Spaß", sagt Trixie Staufer. "Es ist für uns eine einmalige Gelegenheit, mit unseren Freunden draußen in der Natur zu sein."

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: