Kochel am See:Neues Leben bei den Anna-Schwestern

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Sechs Anna-Schwestern bleiben weiterhin in ihrem Mutterhaus in Kochel wohnen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Nach mehr als zehn Jahren Leerstand übernimmt eine kirchliche Stiftung das heilpädagogische Kinderheim

Von Alexandra Vecchiato, Kochel am See

Wenn zwei sich finden und von göttlicher Fügung sprechen, dann muss es sich wohl um eine Partnerschaft handeln, die passt. Nach Jahren des Suchens haben die St.-Anna-Schwestern in Kochel einen neuen Träger für ihr 2004 aufgegebenes heilpädagogisches Kinderheim gefunden. Das Dominikus-Ringeisen-Werk, eine kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts, übernimmt weite Teile des Areals an der Badstraße. Es soll ein heilpädagogisches Heim für 18 bis 20 mehrfach und schwerst behinderte Kinder und Jugendliche geschaffen werden. Die sechs verbliebenen Anna-Schwestern leben und nutzen weiterhin das Mutterhaus auf dem Gelände. Der Notarvertrag wurde am Montag unterzeichnet.

Das Dominikus-Ringeisen-Werk betreut mehrfach behinderte Menschen "von der Geburt bis zum Tod", wie Wolfgang Tyrychter von der Geschäftsführung der Stiftung bei der Vorstellung des Projekts erklärte. Hauptsitz des Werkes ist Ursberg in Schwaben. Dort seien auch viele Behinderte aus Oberbayern untergebracht. Doch Ziel sei es, die zu Betreuenden, die neben körperlichen Behinderungen stets auch geistig oder psychisch gehandicapt seien, ihrer regionalen Wurzeln nicht mehr zu berauben, sie wohnortnah unterzubringen. Für die Stiftung sei es daher ein großer Glücksgriff, das Areal der St.-Anna-Schwestern künftig nutzen zu können.

Projektleiterin Andrea Falkowsky umriss die Pläne: Man wolle zunächst im sogenannten Haus A des aus dem Anfang der 70er-Jahre stammenden Gebäudekomplexes drei Wohngruppen für je sechs bis sieben Kinder und Jugendliche schaffen. Da die Gebäude bereits "sehr modern" ausgerichtet seien, seien keine großen baulichen Eingriffe vonnöten, sagte Falkowsky. So gebe es etwa bereits Aufzüge in den Häusern. Auf den drei Stockwerken werde es ausschließlich Einzelzimmer geben, dazu Gemeinschaftsraum, Küche mit Esszimmer und andere Nebenräume. Große Umbauten seien hauptsächlich in den Sanitärbereichen zu leisten. Da die Kinder aufgrund der Schwere ihrer Behinderungen nicht nach Bad Tölz zum Unterricht in der Lebenshilfe-Schule gebracht werden können, soll im Erd- und im Tiefgeschoss des Hauses B eine Schule eingerichtet werden. Mit den Genehmigungsbehörden habe man erste Gespräche geführt, ein Brandschutzkonzept sei in Arbeit. Der Träger hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: Schon im Herbst 2016 soll die Renovierung beginnen, im Schuljahr 2017/18 dann der Betrieb losgehen. 40 neue Arbeitsplätze sollen entstehen. Die Mitarbeiter können zum Teil auf dem Gelände wohnen. Was mit den anderen Gebäuden wie die ehemalige Schule (sie kann nicht als solche genutzt werden, weil sie nicht behindertengerecht erschlossen werden kann) geschehe, sei noch offen, sagte Falkowsky. "Wir haben viele Ideen, stehen aber erst ganz am Anfang." Aus diesem Grund könne sie momentan nicht beziffern, wie viel Geld die Stiftung in die Renovierung investieren muss.

Der Kochler Bürgermeister Thomas Holz (CSU) hob hervor, dass die Gemeinde sehr froh über die neue Nutzung sei, die die Tradition der Anna-Schwestern weiterführe. Die Gemeinde werde das Dominikus-Ringeisen-Werk bei allen Gängen zu den Genehmigungsbehörden unterstützen. Diese hätten allerdings bereits ihre Zustimmung zur Nutzungsänderung signalisiert. "Für uns ist es sehr wichtig, wie es mit diesem Areal weitergeht. Es ist schön, dass dort wieder Leben einziehen wird."

Seit 1990 sei man auf der Suche nach einem neuen Träger, sagte Generaloberin Schwester Waltraud Engl, ohne Erfolg. 1993 beschloss das Generalkapitel, die Kinder- und Jugendhilfe abzuwickeln. Mehr als 3000 Kinder und Jugendliche aus schwierigen Verhältnissen hatten an der Badstraße ein Zuhause gefunden. Mit 500 stehe man immer noch in Kontakt, sagte Schwester Waltraud. Gegründet wurde die Vereinigung der St.-Anna-Schwestern 1922 von Anna Adelmann in München. 1926 übernahm der Orden das ehemalige "Bad Kochel", nachdem die Heilquelle dort versiegt war, und gründete zunächst ein Heim für schwer erziehbare Mädchen.

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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