Kochel am See:Frischer Blick

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Museumsdirektorin Cathrin Klingsöhr-Leroy vor Franz Marcs Gemälde "Große Landschaft I", das auch den neuen Katalog ziert. (Foto: Manfred Neubauer)

Franz-Marc-Museum lässt für den neuen Katalog Kunststudenten die Sammlungen durchforsten

Von Barbara Szymanski, Kochel am See

Er wiegt gut 500 Gramm und ist mit seinem Leinenumschlag und der strammen, langlebigen Fadenbindung ein wuchtiges und wichtiges Zeugnis der Sammlungen: der neue Ausstellungs-Katalog des Franz-Marc-Museums. Er kostet 28,50 Euro; 4000 Stück sind gedruckt worden. Auf dem Cover: die "Große Landschaft I" aus dem Oeuvre von Franz Marc. Sie zeigt einmal mehr seine geliebten Pferde. Gerade dieses großformatige Bild hat eine bewegte Geschichte.

Maria Marc, die Frau des Künstlers, hatte berichtet, es sei zerschnitten worden. Doch nach gründlichen Untersuchungen stellte sich heraus, dass es lediglich an zwei Seiten beschnitten wurde. Wie dem auch sei: Dieses Gemälde zieht alle Blicke auf sich mit seiner zurückhaltenden und dennoch lichten und luftigen Malerei zwischen Frühling und Herbst.

Zehn Jahre nach Eröffnung des Museums über dem Kochelsee war der erste Katalog fast vergriffen. Grund genug, einen neuen zu erarbeiten, sagt Direktorin Cathrin Klingsöhr-Leroy. Die Museumsleitung nahm dies zum Anlass, auch einen neuen Blick auf die Sammlungen zu werfen. Dieser Herausforderung stellten sich Kunstgeschichtsstudenten der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Im neuen Katalog werden nicht nur mehr als 100 repräsentative Werke der Museumssammlung vorgestellt, sondern auch verborgene Kleinodien wie ein Webteppich von Ernst Ludwig Kirchner oder liebevoll bemalte Döschen von Wassily Kandinsky sowie Skizzenbücher verschiedener bedeutender Maler. Besonders spannend: Abbildungen der Rückseiten von Werken expressionistischer Maler wie Erich Heckel. Wer etwa das frivole Bild "Unterhaltung" umdreht, findet auf der Rückseite eine kreuzbrave Dorfstraße, mit leichter Hand und großzügigem Gestus geschaffen. Anhand dieser doppelt bemalten kleinen Leinwand lässt sich auch der sorgfältig, aber rustikal gefertigte Rahmen studieren. Beachtung geschenkt werden im neuen Katalog auch Archivalien oder illustrierten Postkarten an Franz Marc. Ein Kapitel widmet sich den Themen Bauhaus und Nachkriegsabstraktion.

Seit 2008 hat sich die Sammlung des Museums durch Dauerleihgaben und Neuerwerbungen stetig erweitert und verändert. Im Zentrum der aktuellen Ausstellung "100 Werke. Neuer Blick" stehen deshalb die wichtigsten Gemälde, darunter drei neue Gemälde von Franz Marc, und wichtige Arbeiten auf Papier aus den drei Sammlungsbereichen "Blauer Reiter", "Brücke-Expressionismus" und "Nachkriegsabstraktion". Darüber hinaus sind selten gezeigte Malerbücher und Mappenwerke sowie eine Präsentation zum Almanach "Blauer Reiter" und zu den illustrierten Postkarten zu sehen. Mit dem neuen Katalog und der Präsentation lädt die Museumsleitung zu Entdeckungsreise ein. Das ist rundrum gut gelungen.

Die Ausstellung "100 Werke - Neuer Blick" läuft parallel zur aktuellen Schau "Tony Cragg - Skulpturen und Zeichnungen" bis 6. Oktober, alle Infos unter www.franz-marc-museum.de

© SZ vom 06.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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