Keine technischen Mängel:Vermutlich ein Sekundenschlaf

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Bei einem Verkehrsunfall auf der Bundesstraße 13 bei Gaißach wurden im Juni ein Mann und eine Frau schwer verletzt. Der junge Unfallverursacher kommt nun vor Gericht glimpflich davon, weil er sich vorbildlich verhalten hat

Von Benjamin Engel, Gaißach

Die beiden Insassen des entgegenkommenden Autos hatten wohl keine Chance, die Kollision zu verhindern: Ein 20-jähriger Maurer aus Lenggries war im Juni dieses Jahres auf der Bundesstraße 13 bei Gaißach auf ihre Fahrbahn geraten. Durch die Wucht des Aufpralls schleuderte es den Wagen der beiden gegen ein Baum. Der Fahrer und seine Frau wurden schwer verletzt. Der 54-jährige Mann erlitt so komplizierte Brüche, dass beinahe auch sein Bein hätte amputiert werden müssen.

Deswegen saß der wesentliche jüngere Unfallverursacher am Dienstag im Wolfratshauser Amtsgericht auf der Anklagebank. Dem jungen Mann wurde fahrlässige Körperverletzung in zwei Fällen vorgeworfen. Dafür wurde er nach Jugendstrafrecht verurteilt. Er muss 1000 Euro an die Gaißacher Oberlandwerkstätten für Menschen mit Behinderung zahlen.

Wie es zu dem Unfall gekommen war, konnte sich der junge Mann nicht erklären. Er könne sich einfach nicht erinnern, erklärte er. Vom Aufprall und damit dem Unfall selbst wisse er nichts. Erst als die Sanitäter eingetroffen seien, habe er wieder alles mitbekommen. Den Mann habe er noch im Krankenhaus besucht. Bis jetzt telefoniere er einmal im Monat mit dem Ehepaar. Als er den Zusammenstoß verursachte, fuhr der 20-Jährige mit etwa Tempo 100 auf der B 13 in Richtung Lenggries. Nach Angaben eines Streifenpolizisten deuteten alle Spuren darauf hin, dass dieser ganz langsam immer weiter nach links auf die Gegenfahrbahn gekommen sei.

"Es gab keine abrupten Lenkbewegungen", sagte der Beamte. Der Fahrer des entgegenkommenden Autos habe zwar noch ausweichen wollen. Doch schließlich seien beide Fahrzeuge fast schon am Bankett aufeinandergeprallt. Der junge Mann sei vollkommen nüchtern gewesen. Die Stelle sei auch nicht gefährlich. Bei Tempo 100 dürfte dort nichts passieren. "Anhaltspunkte für technische Mängel gab es nicht." Vor allem die Verletzungen des älteren Mannes klangen dramatisch: zweifache Brüche am linken Ober- und Unterarm, einer an der Rippe, ein abgesplitterter Lendenwirbel und ein komplizierter Bruch des linken Beines. Und doch hatte der im Juni dieses Jahres auf der Bundesstraße 13 bei Gaißach schwer verletzte 54-jährige Autofahrer noch Glück. "Der Mann hat angegeben, dass er froh ist, ins Unfallkrankenhaus Murnau gekommen zu sein. Denn sonst wäre wegen des komplizierten Beinbruchs eine Amputation im Raum gestanden", erläuterte der Polizist.

Besonders positiv bewertete die Staatsanwältin, dass der junge Lenggrieser laufend den Kontakt zu den Geschädigten hat. Sie plädierte dafür, Jugendstrafrecht anzuwenden. Schließlich lebe der Angeklagte noch zu Hause. Reifeverzögerungen könnten nicht ausgeschlossen werden. Sie sprach sich für eine Geldauflage in Höhe von 400 Euro aus. Ebenso empfahl die Jugendgerichtshelferin, den Angeklagten nach Jugendstrafrecht zu verurteilen. "Eine autonome Lebensführung ist noch nicht erkennbar", erklärte sie. Gleichzeitig zeichnete sie das Bild eines sehr engagierten jungen Mannes. Regelmäßig helfe er auf dem Hof der Großmutter im Südlandkreis aus. Dort versorge er vor allem die Tiere und mache Forstarbeiten. "Mit 25 will er den Hof übernehmen."

Der Ablauf des Unfalls sprach für Richter Urs Wäckerlin für den klassischen Fall eines Sekundenschlafs. "Es war eine Kurve und Sie sind einfach geradeaus weitergefahren", erläuterte er. Klären ließ sich die Ursache gleichwohl nicht. Der junge Mann habe einen Fahrfehler gemacht. Die Strecke sei übersichtlich.

Zur Kollision sei es am äußeren Rand der Gegenfahrbahn gekommen. Die Verletzungen des Mannes seien sehr schwer gewesen. Wenn dieser nicht das Glück gehabt hätte nach Murnau zu kommen, hätte womöglich das Bein abgenommen werden müssen. Das Verhalten des Angeklagten nach dem Unfall lobte Wäckerlin. "Es ist vorbildlich, wie Sie sich dann eingebracht haben."

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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