Kaffeehaus:Zurück auf Anfang

Lesezeit: 2 min

Rita Streicher übernimmt das Rathauscafé in der Wolfratshauser Altstadt wieder. Ihr Nachfolger konnte nicht alle erforderlichen Unterlagen fristgerecht vorlegen. Die Stadt sucht nun nach einem Pächter

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Eineinhalb Wochen hatte das Rathauscafé in der Wolfratshauser Altstadt geschlossen. Jetzt hat es nach nur fünf Monaten einen neuen Pächter. Doch die Nachfolgerin von Franz Haberzettl ist seine Vorgängerin. Am Samstag hat Rita Streicher das Café geöffnet und den Betrieb wieder übernommen. Lange hatte die 59-Jährige einen Nachfolger gesucht. Diesen schien sie mit Haberzettl gefunden zu haben. Dass der Ismaninger nach so kurzer Zeit wieder aufgeben musste, findet Streicher unglücklich. "Ich habe mir das nicht so vorgestellt", sagt sie. Denn die Konditormeisterin wollte eigentlich kürzertreten. Nun will sie das Café weiterführen, bis die Stadt einen Nachfolger gefunden hat.

Warum Haberzettl nach so kurzer Zeit im Rathauscafé aufgehört hat, kommentiert eine Sprecherin im Tölzer Landratsamt zurückhaltend. Problematisch war aber wohl, dass der gebürtige Wiener nicht fristgerecht alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat. Seit 1. Oktober des Vorjahres hatte er das Café gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin geführt. Haberzettl hatte Hotelfach gelernt, war aber lange im Antiquitäten- und Schmuckbereich tätig gewesen. Streicher war als angestellte Konditormeisterin in Café und Backstube geblieben. Mit dieser Lösung war die Wolfratshauserin zufrieden. Sie hatte aus familiären und Altersgründen weniger arbeiten wollen. Schon vor zwei Jahren hatte sich Streicher entschieden, ihren Betrieb abzugeben. Per Annonce in der Zeitung hatte sie nach einem Nachfolger gesucht. Zwischenzeitlich hatte ihr die Stadt den Mietvertrag zum 30. Juni 2018 gekündigt. In Gesprächen mit Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) hatte Streicher erreicht, dass der Vertrag verlängert wurde.

Im Rathauscafé ist derzeit alles wieder wie gehabt. Stammkunden sitzen sogar schon wieder an den Tischen im Innenhof oder am Loisachufer. Sie ratschen, lesen oder genießen einfach nur die Atmosphäre. Der neue Mietvertrag mit der Stadt Wolfratshausen - ihr gehört die Immobilie - soll nach Aussage von Streicher bis Ende dieses Jahres gelten. Sollte die Stadt bis dahin keinen Nachfolger finden, deutet sie an, auch gerne weitermachen zu wollen. "Ich bin relativ flexibel", sagt sie. Denn sie habe nicht aufhören wollen, weil die Arbeit keinen Spaß mache. Sie hätte eben gerne mehr Freizeit gehabt, fügt sie hinzu.

Jetzt ist Streicher erst einmal froh, dass das Rathauscafé wieder geöffnet ist. Die lange Pause sei durch die bürokratischen Hürden entstanden. So müssten die Pachtverträge etwa wieder auf ihren Namen umgeschrieben werden, schildert Streicher. "Seit Freitagfrüh ist die Situation gerettet", sagt Bürgermeister Heilinglechner. Der Pachtvertrag sei nicht erfüllt worden. Glücklicherweise sei Streicher eingesprungen, vor allem auch weil es um die Mitarbeiter gehe. "Diese würden sonst auf der Straße stehen", berichtet Heilinglechner. Die soziale Komponente sei wichtig. So stehe eine Auszubildende im Rathauscafé vor der Abschlussprüfung in diesem Jahr. Die junge Frau hätte ohne die jetzige Lösung keinen Ausbildungsbetrieb mehr gehabt. Jetzt sei die Beschäftigung für alle Angestellten gesichert.

Die Löhne für die etwa zwölf Mitarbeiter einschließlich Aushilfen zahlt Streicher von März an. Die Gehälter von Mitarbeitern für Februar stünden noch aus, sagt die Konditorin. Sie selbst habe ihr Geld aber schon bekommen.

Von der eineinhalbwöchigen Schließung des Betriebs war Heilinglechner überrascht. Denn Haberzettl habe stets berichtet, dass die Geschäfte gut gingen, er mit den Umsätzen zufrieden sei. Dann habe der Zettel an der Eingangstür gehangen, dass das Café aus betrieblichen Gründen geschlossen sei.

Wie die Stadt nun nach einem neuen Pächter suchen wird, ist offen. Dafür werde sich die Stadt erst auch noch mit Streicher besprechen, sagt der Bürgermeister. Künftig könnte er sich auch vorstellen, dass das Café abends länger geöffnet bleiben könnte. Die zentrale Lage ohne angrenzende Wohnbebauung biete sich dafür an.

Für Streicher wäre im Moment nur eines wichtig. Für ihre Nachfolge wünscht sie sich eine Person vom Fach. "Schön wäre es, wenn sich ein Konditormeister finden könnte", sagt sie.

© SZ vom 06.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: