Kabarett in Lenggries:Aalfreds amüsantes Herrle

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Helmut A. Binser kommt als "Bavarian Influencer" nach Isen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Binser begeistert mit seinem neuen Programm "Ohne Freibier wär das nie passiert" im KKK

Von Petra Schneider, Lenggries

Den ganzen Abend macht der Aalfred keinen Mucks, sitzt brav auf der Bühne des KKK in der Kamin-Stubn - vermutlich, denn sehen kann ihn nur sein Herrle, der Binser. Eingeschlichen hat sich der Hund nach einer Rosskur mit zehn Tüterl Aspirin, da war er plötzlich da, der Aalfred, dessen Name irgendwas mit dem Fischteich vom Nachbarn zu tun hat. Und weil der Binser konsequent ist im Durchdeklinieren haarsträubender Geschichten, braucht es für den unsichtbaren Aalfred auch eine unsichtbare Leine. Fündig geworden ist er in einem Fachgeschäft irgendwo im oberpfälzischen Nirgendwo, da hat ihn der Chef in ein Hinterzimmer mit unsichtbaren Hundeleinen geführt, 400 Euro das Stück. "Ich hab' zwei genommen für 700 Euro", sagt der Binser.

Schwarzes T-Shirt, schwarzer Hut, schwarze Brille - so steht er wie immer auf der Bühne, mit seiner Quetsche und der Gitarre. Ein gemütlicher Waldler aus dem Landkreis Cham, mit einem Dialekt, der nach hinten raus bellt. Das Schnupfen hat sich der 38-Jährige abgewöhnt, dank der kleinen Kügerl, die ihm die Apothekerin in Runding gegeben hat. Regale voller Mittel gegen Schnupfen: "Ich hätt' nicht gedacht, dass Schnupfen so ein gesellschaftliches Problem ist", sagt er.

Auf der Bühne schiebt er sich ab und an eine Prise Globuli in die Nase, erzählt und singt seine spitzbübischen Geschichten: Vom Steidl-Wirt in Runding, dem Kim-schenk-ein, dem sie aus Hygienegründen das Lokal geschlossen haben. Von einem aus dem Ruder gelaufenen Valentinstag oder seinem Nachbarn, dem er seinen bisher einzigen Hit gewidmet hat: "Mei Nachbar is a Depp". Ein unsympathischer Mensch mit Abitur und Studium ("Für die Eltern war das ein Schock"), der vom sechs Kilometer entfernten Nieder-Runding hergezogen sei, "und ich weiß ned, was den getrieben hat, seine Heimat zu verlassen".

In seinem vierten Programm "Ohne Freibier wär das nie passiert" macht auch der Binser Ausflüge in die weite Welt - mit ernüchternden Erfahrungen. Amsterdam zum Beispiel, wo es im Coffee-Shop gar keinen Kaffee, aber "ganz schlampig gedrehte Zigaretten" gibt, die einen ganz schwindlig machen. Auch in Lenggries ist er schon vier Stunden vor seinem Auftritt angekommen, um sich die Sehenswürdigkeiten anzuschauen. "Und jetzt sitz ich seit dreieinhalb Stunden in dem Kammerl da hinten."

Der Binser, der mit richtigem Namen Martin Schönberger heißt, ist gelernter Industriekaufmann. Im Jahr 2010 hat er sein erstes Soloprogramm vorgestellt, von da an ging es schnell: Auftritte im "Schlachthof", im Fernsehen und im Radio. Die Hallen wurden größer, den Binser hat das nicht verbogen. Sein Künstlername ist eine Hommage an Toni Bergers gleichnamige Figur aus der Kultserie "Irgendwie und Sowieso".

Das passt, denn auch dem Binser seine Welt ist das Dorf, die Themen sind alltäglich. Nichts Spektakuläres, keine Politik. Liebenswert ist diese kleine Welt, aber nicht unbedingt heil. Denn da gibt es die Zwischentöne, die skurrilen Gedankenspiele und Überzeichnungen. Sie bleiben stets menschenfreundlich, und wenn der Binser spottet, dann mit Selbstironie.

In seinen flotten Liedern bezieht er das Publikum mit ein, das am Freitag begeistert mitmacht und Textlücken ergänzt. Selten verschwimmen Bühnenfigur und Privatmensch so, wie beim Binser. "Authentisch" - das ist denn auch ein Attribut, das ihm oft zugeschrieben wird. Er mischt sich in der Pause unter die Leute, wird selbstverständlich geduzt und erklärt, warum er den Witz über die Uschi Glas nicht mehr bringt, seit er im Fernsehen ein Portrait der Schauspielerin gesehen hat. Da habe er ein ganz schlechtes Gewissen bekommen: "Ich kenn die Frau ja gar nicht persönlich." Das Publikum amüsiert sich auch ohne Uschi-Glas-Witz köstlich und erklatscht sich noch eine vierte Zugabe - obwohl es sich der Binser da eigentlich schon an der Bar gemütlich gemacht hat.

© SZ vom 08.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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