Kabarett in Endlhausen:Wenn die Uhren anders ticken

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Die bayerische Musikkabarett-Gruppe "Da Huawa, da Meier und I" krönen das Endlhauser Burschenfest zum Jubiläum mit ihrem Auftritt. Im rappelvollen Festzelt spielen sich die Multi-Instrumentalisten querbeet durch die Genres und plaudern über die Zeit

Von Claudia Koestler, Egling

Freilich, wer eine Darbietung zum Sinnieren oder zum reinen Tiefgründeln suchte, war an der falschen Adresse. Wer aber bayerische Unterhaltung in ihrer schrägsten Form erleben wollte, eigensinnig, lebensfroh, gerne mal respektlos und mit einer Schwäche für skurrile Scherze, mit so manch' treffenden Wahrheiten und ausgemachtem Schmarrn dazwischen, der war in der vergangenen Woche im Festzelt in Endlhausen genau richtig. Denn "Da Huawa, da Meier und I" stellten ihr neues Programm vor.

Der Endlhauser Burschenverein feierte in der vergangenen Woche sein 110. Gründungsjubiläum. Neben dem traditionellen Festsonntag, zu dem mehr als 50 Vereine aus der Region den Endlhausern die Ehre erwiesen und mit ihnen durch das geschmückte Dorf zogen, sowie einem Spaß-Wettkampf der Burschen war der Kabarettabend einer der Höhepunkte des Festreigens. Bei "Da Huawa, da Meier und I" hatte es allerdings einen "Wechsel im Vorstand" gegeben, wie es Christian Maier alias "da Huawa" (kein Tippfehler) vorab erklärte: Zwar ist Matthias Meier ("da Meier") weiter mit an Bord, statt Sigi Mühlbauer firmiert nun aber der Musiker Sepp Haslinger als "I" auf der Bühne und fügte sich nahtlos ein.

Das Leben, es könnte so wunderschön sein, wenn man sich nur mehr Zeit nähme.Das Wesentliche aber besingen "Da Huawa, da Meier und I" in ihrem neuen Programm. Hier beschwören sie sie Vergangenheit und nostalgische Kindheitserinnerungen. (Foto: Claudia Koestler)

In ihrem neuen Programm mit dem Titel "Zeit is a Matz" geht es vor allem um das Phänomen gefühlter Geschwindigkeiten. Die Uhr, die muss der Teufel erfunden haben. Oder eben: "Zeit is a Matz", also ein raffiniertes, vielleicht sogar durchtriebenes Subjekt, diese Erkenntnis zog sich wie ein roter Faden durch den Abend. Wer kennt das nicht: Mal zieht sie sich elend, die Zeit, etwa beim Zahnarzt. Dann rast sie plötzlich dahin, bei einem schönen Abend etwa.

Viel Zeit vergangen ist indes seit 1516, dem Jahr des Reinheitsgebotes. "Nur die richtigen Zutaten / durften in das Bier geraten", sangen die drei in Mönchskutte, Kettenhaube und Scharfrichter-Gewand über

den Erlass von Herzog Wilhelm IV. Überhaupt waren wilde Kostüme Teil des Auftritts: Ob Mafiosi-Outfit, quietsch-pinke Leggins beim "Zumba-Tanz" oder der Kampf mit dem Gürtel, bis dieser endlich in der Bauchfalte, vulgo "unter Putz verlegt", war: Selbstironie an den Tag zu legen und auch keine Peinlichkeit auslassen für das Amüsement des Publikums ist Teil des Erfolgs des Trios. Aber auch die Endlhauser mussten Frotzelei ertragen, etwa ob der Größe und Pracht ihrer Häuser und des Wertes, der mit den Grundstücken in der Region einhergeht. "Da Starnberger See is' nimma weit", erkannten die drei. Das mache offenbar finanziell so tiefenentspannt, "dass Ihr ned mehr amoi Solaranlagen auf die Dächer braucht's, gell?"

Das Festzelt ist rappelvoll. (Foto: Claudia Koestler)

Wäre da noch das eigene Leben. Denn: "da Huawa" hat inzwischen die 40 überschritten. "Man verändert sich schon", gab er zu. "Als i jung war, war i Revoluzzer, da war i dagegen, schon von Haus aus, gegen ois, und bin i auf'd Straß' ganga." Und heute? "Mach' i mit'm Gummiabzieher die Glasscheibe meiner Duschkabine sauber."

Wo ist sie nur geblieben, die Zeit? Gerade eben waren sie doch noch Kinder. "Wir hatten eine schöne Kindheit, wir waren noch frei. Oder besser gesagt: wir waren unbeaufsichtigt", sagte er. Dafür hatten die Kinder damals Strickpullunder in wilden Farben an und Jungs kurvten als Nacktschneckenkiller mit dem Bonanzarad durch die Gegend. Und noch mehr Details waren typisch für jenes Gefühl der Jugend, das das Trio mit den Besuchern im Festzelt teilte: Das "Kracherl" oder das Spezi trank man beispielsweise nicht aus einem richtigen Glas. Nein, dafür gab es die von der Mutter fleißig gesammelten Senfglasl in der heimischen Küche. Huawas Mutter, erzählte er, schaue heute immer so gerne die Sendung "Bares für Rares", vor allem wegen dem "Handstand-Ludwig aus Regensburg". Als er seiner Mama deshalb jüngst mal vorschlug, dort die Senfgläser seiner Jugend an den Mann zu bringen, habe sie allerdings entrüstet abgelehnt. Nicht, weil diese inzwischen den Weg allen Altglases gefunden hätten oder keinen historischen Wert hätten. "Die san doch no pfenningguad", habe sich die Mutter entsetzt.

Heute plage sich Huawa mit der Frage, wie man Handwerkern und deren Zeitverständnis beikomme. Er habe nämlich ein Haus gebaut, oder baue besser gesagt immer noch daran. Aber "gestern war morgen noch heut'", habe er von der Arbeitsweise der Handwerker gelernt. Und: "Heut' ist gleich wieder morgen. Und übermorgen ist nimmer weit." Bei ihm habe sich derweil aber das Kreuzweh eingeschlichen, weshalb er beim Männer-Yoga angekommen sei, einem Trend, der längst auch das Land erreicht habe. "Männer-Yoga, da is' Bier mit dabei", sagte er und zeigte gleich eine Übung. Kaum stand er auf einem Bein, erklärte er auch das passende Mantra: "Omm...steht's Bier", und balancierte den Masskrug auf dem Kopf.

Thema sind unter anderem so manche Auswüchse von heute: quietschbunte Camo-Leggins für die Zumba-Klasse etwa. (Foto: Claudia Koestler)

Mit kabarettistischen Plaudereien, Witzerln und ein paar Zoten garnierten "Da Huawa, da Meier und I" folglich ihre Gstanzln. Man muss es den Dreien schon lassen: Festzeltstimmung, das können sie. Auch wenn der Schweiß später in Strömen lief, sie hatten sichtlich Spaß beim Auftritt und der übertrug sich mühelos aufs Publikum in dem komplett ausverkauften Zelt, das herzlich lachte und mitging. Zeit mag eine Matz sein, verschwendet war sie hier sicher nicht.

© SZ vom 13.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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