Vor dem Klavierstuhl steht ein kleiner Fußschemel. Denn Katharinas Füße reichen noch nicht bis zum Boden, wenn sie am Flügel sitzt. Konzentriert folgt die Sechsjährige den Anweisungen ihrer Lehrerin Sabine Zoelch. Genau genommen sind es eher Anregungen. Auch im Klavierunterricht hat die Pädagogik in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte gemacht, sowohl im Umgangston als auch in der Methodik. Bevor Katharina ihre Stücke vorspielt, erkundet sie spielerisch den ganzen Tonraum des Flügels, indem sie Akkorde über die Tastatur laufen lässt. Die Klavierstunde macht ihr Spaß; eine andere Motivierungschance hat der Lehrer bei solch jungen Schülern ohnehin nicht.
Im Unterricht hat Katharina auch Kiki kennengelernt. Die heißt eigentlich Victoria von Schweinitz, ist ein Jahr älter und sitzt mit ebenso viel Vergnügen am Flügel. Beim Regionalwettbewerb "Jugend musiziert" in Grünwald haben die beiden in der jüngsten Altersgruppe gerade einen 1. Preis im vierhändigen Klavierspiel gewonnen. Beim Vorspiel für den SZ-Fotografen geht einiges schwungvoll daneben. Großes Gekicher der Mädchen! Und bester Beweis dafür, dass sie unbefangen und unbeschwert an die Sache herangehen.
Die Idee, das fröhliche Duo zum Wettbewerb zu schicken, hatte Sabine Zoelch. "Wir hätten das nie forciert", sagt Katharinas Vater, der Sänger Andreas Pehl. "Es war alleine Katharinas Entscheidung." Seine Frau Eva Pehl, als Musikmanagerin und Chorleiterin ebenfalls mit dem Metier vertraut, ergänzt, sie hätten der Tochter zuvor genau erklärt, was da auf sie zukomme.
Ob sie dann nervös war beim Auftritt vor der Jury? "Nicht sehr, aber ein bisschen", sagt die Nachwuchskünstlerin, die bei Konzerten des Vaters in der Region oft hinter die Kulissen schaut. Mit Kiki zusammen zu spielen, mache mehr Spaß, als alleine am Klavier zu sitzen. "Ist ja auch mehr Musik" - weise Einsicht einer Sechsjährigen. Auch mit ihrer neunjährigen Schwester Theresa, die sich nach dem Klavier dem Cello zugewendet hat, musiziert sie gemeinsam. Ein Stück studiert sie mit Sabine Zoelchs Hilfe ein, die den Cellopart auf dem Klavier übernimmt.
Zu Hause übt Katharina zur Freude der Eltern aus freien Stücken. Und nicht selten schon morgens um sieben, wie Vater Andreas mit gewisser Verwunderung ergänzt. Seit zweieinhalb Jahren hat sie Unterricht. "Sie wollte das unbedingt", erzählt er. Warum, erklärt sie selbst: "Meine große Schwester hat Klavier gespielt. Deshalb wollte ich das auch."
Wenn man kleine Kinder gut auf die Wettbewerbssituation vorbereite, seien die Folgen wohl überschaubar, sagt Eva Pehl. "Bei einer Zwölfjährigen würde ich mir das aber gut überlegen." Im Freundeskreis hätten sie auch die negativen Auswirkungen einer schlechten Beurteilung durch die Jury miterleben können, sagt ihr Mann. "Da mussten die Kinder erst mühsam wieder aufgebaut werden."
Bei solch umsichtigen Eltern und Lehrern wie Sabine Zoelch und dem Tölzer Musikschulleiter Harald Rossberger sind die jungen Musiker indes in guten Händen. "Musik ist ein kreativer Prozess, der eine gewisse Freiheit braucht und keinen Druck verträgt", sagt Rossberger. "Und gerade das Musikmachen kann Kinder und Jugendliche in ihrer gesamten Entwicklung positiv beeinflussen." Katharina und Kiki illustrieren das aufs Schönste und albern ausgelassen herum. "Wir machen schon gerne auch mal Quatsch", geben sie freimütig zu. Die Lehrerin hat dafür Verständnis. Weiß aber auch, wie sie die Mädels wieder zur konzentrierten Arbeit motivieren kann. Ohne Druck.
Termine und Infos: www.jugend-musiziert.org