Geretsried:Junge Leute wünschen sich mehr Treffs und einen Gratis-Bus

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"Bei der vergangenen Wahl hatten wir Glück, da gab es einige Kandidaten", sagt der Geretsrieder Pressesprecher Thomas Loibl. In anderen Städten und Gemeinden mussten sich Jugendräte wegen zu wenig Bewerbern auflösen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Zur Wahl ihrer politischen Vertretung in Geretsried kandidieren diesmal 14 Mädchen und Jungen. Im "Saftladen" erläutern sie ihre Vorstellungen

Von Sophia Ulrich, Geretsried

Die Stadt Geretsried mache den Jugendlichen nicht ausreichend Angebote, findet Dimitrij Leinert. Der 16-Jährige wünscht sich mehr Aktionen, wie beispielsweise ein organisiertes Jogging-Treffen. Schließlich "haben die Jugendlichen wenig Lust, selber etwas zu organisieren", erklärt Dimitrij. Einige seiner Freunde führen deshalb lieber nach München, Bad Tölz oder Wolfratshausen, um sich zu treffen. Außerdem gebe es zu wenig überdachte Treffpunkte für junge Menschen. "Man sollte mehr Projekte wie den ,Saftladen' ermöglichen", betont Rares Nistora, der sich genau dafür einsetzen möchte. Die beiden haben sich im Jugendzentrum "Saftladen" als Bewerber für den Jugendrat Geretsried vorgestellt.

14 Mädchen und Jungen kandidieren für den Jugendrat, ein im Landkreis einzigartiges politisches Gremium. Platz ist dort aber nur für zwölf von ihnen. Die Kandidatinnen und Kandidaten trafen sich nun zu einem sogenannten "meet'n'talk" im "Saftladen", wo sie ein junges Publikum mit ihren Argumenten überzeugen mussten. Von Umwelt über Verkehr bis zu Freizeitangeboten - die Bewerber haben ziemlich genaue Vorstellungen und wollen frischen Wind in die Politik bringen. Jetzt haben sie erst einmal bis 9. November Zeit, um Stimmen zu sammeln.

Rudi Mühlhans, Geschäftsführer des Trägervereins Jugend- und Sozialarbeit Geretsried, war Gastgeber der Präsentation zur dritten Jugendratswahl. Er schätzt das Mitbestimmungsgremium, das "es so nicht überall gibt", und freut sich über das Engagement der jungen Leute: "Jeder hat meinen Respekt, der sich traut zu kandidieren", so Mühlhans.

Wählen dürfen laut Satzung alle Jugendlichen aus Geretsried, die "am letzten Tag der Wahl mindestens 14, aber noch nicht 22 Jahre alt sind". In diesem Jahr geht das bequem von zu Hause aus. Die Stimmberechtigten bekommen einen QR-Code zugesandt, über den sie direkt an der Online-Wahl teilnehmen und ihre zwölf Stimmen verteilen können. Durch diesen einfachen Prozess solle eine höhere Wahlbeteiligung als in den vergangenen Jahren gewährleistet werden, sagt Stadtjugendpflegerin Julia Brandner. Das Ergebnis wird am 10. November bekannt gegeben.

Die Jugendlichen sind motiviert. "Mit 14 Kandidaten haben wir nicht gerechnet", erzählt Felix Leipold (Freie Wähler), Jugendreferent des Geretsrieder Stadtrates. "Kurzzeitig sah es auch gar nicht so aus, von heute auf morgen sind dann viele hinzugekommen." Darunter seien zwei Geschwister ehemaliger Jugendratsmitglieder sowie zwei Kandidaten, die bereits Mitglied waren, so Leipold.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurde beim "meet'n'talk" die Einstellung der Kandidierenden zu politischen Themen abgefragt. Dazu hatte jeder von ihnen eine rote und eine grüne Karte. Zu unterschiedlichen Thesen sollten sie dann mit den Karten ihre Zustimmung oder Ablehnung signalisieren. Stichprobenartig wurde nachgefragt, warum sie die rote oder grüne Karte gewählt hatten.

Dem Satz: "Ich weiß, was der Jugendrat genau macht", stimmten alle zwölf anwesenden Kandidaten zu. Deutlich wurde, dass der Umweltschutz für einige Bewerber eine Herzensangelegenheit ist. Der 15-jährige Jonathan Kübler ist überzeugt, dass sich die Stadt für den Klimaschutz nicht ausreichend einsetze: "Genug ist nie erreicht. Oft fehlen Mülleimer, und auch die Aufklärung fehlt." Dem pflichtete Michael Springer bei. Auch er hat den Eindruck, dass es zu wenige Mülleimer in Geretsried gibt: "Ich will nicht extra einen Umweg laufen, um meinen Müll zu entsorgen."

Isabella Schrills meinte, dass es im Umweltschutz noch viel für den Jugendrat zu tun gebe. Trotzdem ist sie stolz auf die Projekte, die der Jugendrat schon ermöglicht hat, wie beispielsweise eine Blumenwiese - ein Projekt, dessen Umsetzung "ewig gedauert" habe. "Viele stehen über uns. Man könnte noch viel mehr machen. Es ist unsere nächste Aufgabe, das voranzutreiben", unterstrich die Studentin. Denkbar sei zum Beispiel ein kostenloser Stadtbus, damit weniger Leute mit dem Auto fahren.

Jeder Kandidat hat sich einen Wahlslogan überlegt, um die Jungwähler auf der Website der Stadt Geretsried und dem Flyer über seine Ziele zu informieren. Dazu bekamen die Jugendrat-Aspiranten im "Saftladen" je eine Frage gestellt. Sie hatten damit die Gelegenheit, ihre Intentionen hinter dem Slogan zu konkretisieren und die Zuhörer von ihren Ideen zu überzeugen. So möchte sich Alexander Eigenseer nicht nur für ein breiteres Freizeitangebot für Jugendliche einsetzen. Dem 14-Jährigen ist es ein besonderes Anliegen, auch Kindern bis zu zwölf Jahren in Geretsried mehr zu bieten. Dabei denkt er vor allem an Trampolins und größere Spielplätze.

Ein Kernproblem sieht Mathis Tomsu in der Integration. Denn häufig gebe es Gruppen, die sich gegenüber anderen verschließen. "Es braucht öffentliche Aktionen wie zum Beispiel Partys, Raves oder Picknicks, zu denen alle kommen dürfen. Viele kommen nicht in die Gruppen rein, deswegen müssen wir auf andere zugehen", sagte er. Dominik Schmid wünscht sich, dass der Dirtpark wiedereröffnet werden kann. Genau solche Angebote seien wichtig, "damit man sich draußen und nicht nur virtuell treffen kann", erklärte er. Dzhamil Garib sieht das anders. Für den 16-Jährigen muss man "gar nicht komplett weg vom Bildschirm". Er möchte sich für ein öffentliches Wlan einsetzen.

Obwohl sich die Kandidierenden nicht in allen Punkten einig sind, haben sie doch allesamt ein Ziel: mehr Mitbestimmung für die Jugend. Die Jugendratswahl hat am Montag begonnen und dauert noch bis zum 9. November.

Informationen gibt es im Internet unter www.geretsried.de/jugendrat

© SZ vom 12.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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