Jachenau:Der verwundete Berg

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Die Rappinalm zählte bis vor kurzem zu den letzten unerschlossenen Almen der bayerischen Alpen. Nach dem umstrittenen Wegebau ist der Hang oberhalb des Hauses ins Rutschen geraten. Umweltschützer protestieren, das Landratsamt wartet ab.

Benjamin Engel

Eigentlich sollte längst ein Schlussstrich unter die jahrelangen Auseinandersetzungen über den Wirtschaftsweg zur Rappinalm im Rabenkopf-Gebiet gezogen sein. Im Herbst wurde an dem umstrittenen Weg zu einer der letzten bis dahin noch unerschlossenen Almen Bayerns nochmals nachgebessert: Die letzte, zu steile Kurve wurde zurückgebaut und der Wirtschaftsweg stattdessen über eine etwas weitere und flachere Trasse geführt. Der erste, fehlgeplante Weg rutscht nun ab. Die Grasnarbe ist weg, und mit dem abgerutschten Kies schüttet der Almbauer die Sumpflöcher auf, damit seine Jungrinder nicht stecken bleiben. So zumindest sieht es Grünen-Kreisrat Franz Xaver Sailer.

Der erste Wirtschaftsweg auf die Rappinalm oberhalb der Jachenau war eine Fehlplanung, im Herbst wurde die Trasse verlegt. Jetzt rutscht dort der Hang. (Foto: privat)

"Das hat mich erschüttert", sagt Sailer, der am Sonntag eine Wanderung zur Rappinalm unternommen hat. Franz Steger, Leiter der Abteilung Umwelt im Tölzer Landratsamt, sieht die Angelegenheit nicht ganz so dramatisch. Landwirt Anton Lippert, der die Rappinalm bewirtschaftet, mag davon eigentlich nichts mehr hören. "Die Leute sollen doch erst einmal zwei, drei Jahre warten und sich dann ein Urteil bilden", sagt er. Der Weg sei erst seit Herbst fertig. Die Böschungen könnten in so kurzer Zeit gar nicht vollkommen angewachsen sein.

Zudem verweist Lippert auf die starken Unwetter mit Starkregen und Hagel in den vergangenen Wochen. "Dass dabei Kies über die Entwässerungsgräben ausgeschwemmt wird, kann ich nicht verhindern." Zum Verfüllen von Sumpflöchern benutze er den Kies jedenfalls nicht, sagt er. Außerdem saniert er derzeit die Rappinalm ausschließlich nach Denkmalschutzkriterien, wie er betont. Lippert kann verstehen, dass der jetzige Zustand nicht schön ist. "In vier, fünf Jahren schaut die Welt aber anders aus."

Schon 2003 hatte Landwirt Lippert beantragt, seine Alm über einen Fahrweg erschließen zu können. Es folgten jahrelange und teils erbittert geführte Diskussionen zwischen Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Naturschutz über verschiedene Wegführungen. Unter anderem reichte der Bund Naturschutz (BN) gegen die Erschließung eine Petition im Bayerischen Landtag ein. Mit der Einigung auf die jetzige Variante schienen die Wogen geglättet. Doch noch bevor der Weg im Sommer 2011 abgenommen werden konnte, rutschten Böschungen ab und es stellte sich heraus, dass die Kurven teilweise zu eng geraten waren. Es musste nachgebessert werden.

Akuten Handlungsbedarf sieht Franz Steger vom Landratsamt derzeit nach eigenen Worten nicht. Die letzte Kurve zur Alm verläuft nun in einem weiteren Bogen zur Alm. Die alte Wegführung wurde laut Steger zurückgebaut und renaturiert. "Wir sind sorgfältig vorgegangen, haben die Landschaft angepasst und begrünt", sagt er. Es dauere eben seine Zeit, bis die Wunden wieder heilten.

"Was dort oben passiert, ist exemplarisch", sagt dagegen der kommissarische BN-Kreisvorsitzende Friedl Krönauer. Bei den immer öfter auftretenden Starkwetterereignissen seien Wege im Gebirge und besonders in steilem und sensiblem Gelände gefährdet. Dass trotzdem weiter darauf gesetzt werde, jede auch noch so abgelegene Alm zu erschließen, kritisiert er scharf.

© SZ vom 25.7.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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