"Isarsommer" in Geretsried:Einmal um die ganze Welt

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Ein Duo, das sich auf Musik zum Schwelgen versteht: Roland Hammerschmied (links) und Enno Strauß. (Foto: Veranstalter)

Das "Enno-Strauß-Duo" fliegt mit den "Beatles", Harry Belafonte, Udo Jürgens und Fats Domino rund um den Globus. Das Publikum lässt sich die trübe Herbstatmosphäre nur zu gern vertreiben

Von Arnold Zimprich, Geretsried

Enno Strauß weiß, wie er sein Publikum umgarnen muss - und so ist er am Samstagabend schnell beim persönlichen "Liebe Freunde", wenn er im gut gefüllten Festsaal der Geretsrieder Ratsstuben einen neuen Song ankündigt. Zusammen mit Roland Hammerschmied bildet er das Enno-Strauß-Duo. Und zu Beginn werden die Besucher auf eine musikalische Weltreise eingestimmt. Draußen vor der Gastwirtschaft hat es zu tröpfeln begonnen, um sieben fängt es schon an zu dämmern - der Herbst hält Einzug in Geretsried. Mit "Sommer in der Stadt", der Hommage der Spider Murphy Gang an München, vertreiben Strauß und Hammerschmied trübe Herbstgedanken - und auch die weitere Weltreise, die inklusive Zugaben 28 Songs umfassen wird, beweist, dass die beiden keine Kinder von Traurigkeit sind.

Die Multi-Instrumentalisten springen von Bayern in die Schweiz, von Slowenien nach Holland: "Was mein Mund nicht sagen kann, sagen Tulpen aus Amsterdam." Die Gäste schunkeln, singen, wippen und schwelgen - und die Ratsstuben verwandeln sich in einen Ausflugsdampfer, der einen großen europäischen Strom hinunterschippert. Anschließend verweilen die Weltreise-Kapitäne Strauß und Hammerschmied länger auf den britischen Inseln. Die Beatles ("Norwegian Wood") dürfen heute Abend nicht fehlen - erstaunlich, welch virtuose Töne Strauß seiner Gitarre mithilfe elektronischer Helferlein entlocken kann. Bei "Mull of Kintyre", dem Stück von Paul McCartney und seiner Band "Wings", kommt das feine Timbre von Strauß' Stimme zur Geltung.

Die Bande werden enger zwischen Band und Gästen - man kennt und schätzt sich, die Gags werden zielsicher gesetzt, die Lacher kommen ebenso erwartbar. Immer wieder bemüht das Duo die Analogie zu einem Flugzeug, das die Passagiere in ein anderes Land transportiert - was dabei herauskommt, ist eine kunterbunte Mischung verschiedenster Musikrichtungen.

Manchmal nehmen sich Enno Strauß und Roland Hammerschmied auch etwas zu viel vor, beim irischen Stück "Danny Boy" zum Beispiel geht Strauß' Stimme ein wenig unter - als er jedoch seine E-Mandoline anschließt, öffnen sich in den Ratsstuben neue Klangsphären. Hochkonzentriert bedient er das kleine Instrument, immer schneller fliegen seine Finger über die Saiten, der ganze Saal klatscht mit - der Musiker geht nahe an den Bühnenrand, der Kontakt zu den Fans ist nach langer, coronabedingter Konzertabstinenz offenkundig wichtig.

Ein Blick auf den Schreibblock - Eros Ramazottis "Più Bella Cosa" ist tatsächlich schon das dreizehnte Lied, das das Duo zum Besten gibt. Apropos zum Besten geben - das Schlagzeug kommt heute aus der Konserve, was Fans handgemachter Musik etwas irritieren dürfte. Ohne Schlagzeuger fehlt etwas. Nach Udo Jürgens' "Griechischer Wein" ist Pause. Das Flugzeug tankt auf, schon nach zehn Minuten geht es weiter, Zwischenlandung Spanien. "Ja nach Spanien reisen viele Europäer" - nur nicht im Corona-Jahr 2020. Zur "Spanischen Romanze" bedient Roland Hammerschmied mit stolzem, entrücktem Blick die Gitarre - ehe die Zuhörer mit Antônio Carlos Jobims "The Girl from Ipanema" brasilianischen Bossanova kredenzt bekommen. Schließlich geht es nach Peru, Strauß und Hammerschmied mimen Simon and Garfunkel und geben "El Condor Pasa" zum Besten - dieses Duett ist eine der überzeugendsten Darbietungen des Abends.

Von "The Lion sleeps tonight" der südafrikanischen Band "The Tokens" geht es weiter bis zu Harry Belafonte, dem "großartigen Entertainer und Bürgerrechtler", wie es Hammerschmied formuliert. Belafonte zu Ehren spielt das Duo ein Medley aus "Island in the Sun", "Banana Boat Song" und "Matilda". Langsam wird es fast ein bisschen viel - aber das gehört offensichtlich zum Konzept, die Leute wollen unterhalten werden, und da ist schließlich die Anzahl der Lieder durchaus ausschlaggebend. Und so dürfen zwei Dixieland-Medleys ebenso wenig fehlen wie ein wenig Fats Domino.

"Was hat man nach so einer Weltreise? Natürlich Heimweh!" kündigt Strauß die erste Zugabe an, Freddy Quinns "Schön war die Zeit". Zwei weitere Extras (John Denvers "Take Me Home, Country Roads" und "Hey Jude" von den Beatles) folgen, dann geht ein klanggesättigtes Publikum zufrieden nach Hause.

Der Isarsommer in Geretsried geht weiter mit Cicos Jazzorchester (11. September), Willi Sommerwerk (17. September), Vamilienehre mit Titus Vollmer & family (18. September), Ivetta Martos mit Peter Wegele und Florian Sagner (19. September) und dem Claudia-Weiß-Trio (25. September); Beginn ist jeweils um 19 Uhr, Anmeldung unter Telefon 08171/629 81 61 oder anita.zwicknagl@geretsried.de

© SZ vom 07.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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